Auf Wiedersehen

Nun ist ein Jahr Südafrika rum. Einfach vorbei. Kaum zu glauben.

Wir sitzen im Flugzeug, eben ist das letzte Mal die Sonne über dem afrikanischen Kontinent für uns untergegangen und wir überqueren jeden Moment den Äquator. Dann sind wir zurück in der nördlichen Hemisphäre, im Winter.
Hinter uns liegen ein paar Tage mit vielen Tränen und Abschieden. Vielen stillen Abschieden. 
Vom Meer, dem überall präsenten Meer. Vom Himmel, der einfach nirgends so schön ist wie in Kapstadt. Vom Tafelberg, dem Lion's Head, dem Devil's Peak und all den anderen so prägnanten Bergen, die nirgends eine Stadt so dominieren. Wie groß und dominant der Tafelberg ist, das kann man sich nicht vorstellen, wenn man es nicht mit eigenen Augen gesehen hat. Ein über tausend Meter quasi senkrecht emporragender Berg mitten in einer Stadt. Es ist atembereaubend.
Wir haben Abschied genommen von den Ständen in Llandadno, Clifton und Camps Bay. Die Füße noch ein letztes Mal ins eisige Wasser gehalten, die Jungs jede mögliche Minute auf den Surfbrettern verbracht, bis Hände und Füße beinahe abgefroren waren. Wir haben uns verabschiedet von der unglaublichen Vielfalt an Restaurants. In Kapstadt sollte man eigentlich keine zwei Mal im selben Restaurant essen. Zu groß ist die Auswahl an Cafes, Bars, Restaurants und Imbissständen. Und immer ist es gut. Und bezahlbar noch dazu. Es gab Abschiede von Surfbuddies, von Beachvolleyballfreunden, von Klassenkameraden, Büropartnern, Nachbarn, Instrumentallehrern, der lieben Vimbai, die sich so gut um unser Haus gekümmert hatte. 
Kapstadt wird uns fehlen. Allen vieren. Wir können es gar nicht in Worte fassen, wird sind traurig, einfach traurig. 

Die Fahrt zum Flughafen haben wir kein Wort gesprochen. Nochmal einen Blick auf den Berg geworfen, der sich auf der obenren Hälfte in dunkle Wolken hüllte, um den Devil's Peak zur Rechten herum, die Straße mit dem Blick über den Hafen und die Big Bay und die ganze Stadt. Vorbei an den Townships von Langa, den Berg nur noch im Rücken. Umdrehen ging nicht mehr, vermutlch wäre ich dann einfach zurück gefahren.
Wir werden Südafrikas Verrücktheit vermissen, die Planlosigkeit in so vielen Dingen und dass dann doch alles irgendwie funktioniert. Wir werden die Lebendigkeit vermissen, die Wärme, das Licht, die Farben und die Offenheit. Wir werden es vermissen, über den Kloof Nek zu fahren und den sich dann vor einem ausbreitenden Atlantik. Den Pipe Track, meinen Lieblingsspaziergang konnte ich nicht noch ein letztes Mal gehen, es ist gut, dass wir ihn zuletzt gegangen sind, als ich dachte, ich würde nochmal zurückkommen. Morgens werde ich vermissen, mit einer Tasse Tee in der Sonne zu sitzen und den Tafelberg anzusehen. Die Jungs werden Biltong (Trockenfleisch) und Droewors (Trockenwurst) vermissen und dass es ein sehr finanzierbares Vergügen ist, in ein Steakhaus zu gehen. Ob den täglichen Kanonenknall der Noon Gun, der die Scheiben in der City Bowl jeden Tag um 12 zum Klirren bringt oder das bunte Treiben an der Waterfront an einem Sonntag Nachmittag, ob den samstäglichen Fressmarkt in der Old Biscuit Mill oder Sport am Strand, ob Robben auf der Küstenstraße beobachten oder einmal um den Lion's Head herumfahren, ob Blicke von Constantia über die Weinberge bis zu den Stränden der False Bay oder all die Kaffestände in den Parks, ob Schlendern auf der Kloof Street oder keine Ahnung haben, welche nun die Buitengracht, die Buitensingel oder die Buitenkant Street sind, ob die Rufe der Ibisse auf ihrem morgendlichen Flug oder den Paraglidern beim Starten vom Signall Hill zusehen, ob der Blick von Camps Bay die Twelve Apostle entlang oder unser Nachbarsdalmatiner Cooper, der hoffnungsvoll jedes Mal zu uns herübergrüßte, wenn wie die Terrasse mit etwas Essbarem betraten, vom Sonnenuntergang über dem Meer oder hinter dem Berg zu Sand im Bad, im Wohnzimmer, im Bett, in der Küche und überhaupt überall, vom Kap bis zum Krüger, von der Halbwüste bis zur Wüste, von Elefanten bis zu Walen, vom Englischen übers Afrikaans bis hin zu Xhosa, vom Millionaire Shortbread bis zum Tafelbergblick aus dem Klassenzimmer, von Surfshops bis zum Töpferstudio, vom Anfahren an sehr steilen Straße bis zum Four Way Stop, von schwarzen Menschen über coloured bis zu weiß, von besinnlicher Stille und Einsamkeit bei einem winterlichen Strandbesuch bis hin zur sommerlichen Silly Season Madness, vom Linksverkehr zur falschrum wandernden Sonne, von den Wolken die lautlos über den Tafelberg fallen bis zum Sonnenaufgang über der Stadt, vom Geruch nach Meer bis zum Seenebel, vom Hupen der Minibussse bis zum tiefen, mitreißenden Lachen der Frauen, von rundgeschliffenen Felsen am Strand bis zu schroffen Felswänden, in denen Adler brüten. Wir werden es alles vermissen. 
Wir werden sogar das Loadshedding vermissen. So etwas Nerviges wie Loadshedding und dennoch taugt es immer als Gesprächsthema. Und es wird nie langweilig. Plötzlich im stockdunklen Supermarkt stehen? Mal wieder vergessen, das Licht im Badezimmer auszumachen, bevor Loadshedding anfing und beim Angeschaltetwerden des Stroms mitten in der Nacht geweckt werden? Speisekarte mit Symbolen, welche Gerichte auch bei Loadshedding verfügbar sind? Tief empfundene Dankbarkeit für einen Gasherd? Ja, all das gibt es in Südafrika.
Es gibt gar keine Worte, die ausdrücken können, wie sehr wie es vermissen werden. Seine Natur, sein Wetter, seine Helligkeit und seine Menschen.

Südafrika, Du wunderschönes Land, Du abwechslungsreiches Land, Du gesegnetes Land.
Wir lassen ein großes Stück unseres Herzens zurück und vertrauen es Dir an, dass Du gut darauf aufpassen mögest.
Wir wünschen Dir einen friedlichen Weg in eine Zukunft, in der die reichen Segnungen, die gesamte Bevölkerung erreichen. Wir wünschen Dir Gerechtigkeit, Unbeschwertheit und ein strahlende Zukunft. Du hast das Zeug dazu!

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen. Pass in der Zeit gut auf Dich auf. 
Danke für ein unvergessliches Jahr aus dem wir so viel mehr gute Erinnerungen mit nach Hause nehmen als wir zu hoffen gewagt hätten. ❤️🇿🇦

Kommentare

  1. Wie immer so mitreißend geschrieben….

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  2. Herzlich Willkommen ihr Lieben 🫶 wir freuen uns das ihr wieder da seid, obwohl ich traurig bin, jetzt nicht mehr von deinen Geschichten nach Afrika „getragen“ zu werden.

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    1. 😘 Dann musst Du nun wohl selber hin. Melde Dich, wenn Du Begleitung brauchst. 🙂

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