Wüstenklima

Campen im winterlichen Wüstenklima. Ein spannendes Thema.
Ich bin jeden Tag aufs Neue fasziniert, welch reichhaltige Bandbreite an Wetter - oder sagen wir besser Temperaturschwankungen - Namibia im Winter im Angebot hat.
Zwischen Schwitzen in kurzer Hose und Frieren in Winterjacke ist alles möglich.
In der ersten Nacht sind wir mit Eis auf unserer Gepäcktasche auf dem Dach aufgewacht und auch die darauffolgenden Morgen in Windhoek und Etosha aber auch die ein oder andere hier im Süden waren bemerkenswert kalt.
Iiiiiiiiiiiigk, so eine Jeans anzuziehen, die an einer zwei Grad kalten Zeltaussenwand gelegen hat....

Wir haben dann mit Winterjacke, dickem Pulli, Mütze und Handschuhen das Camp eingepackt, sind kurz nach Sonnenaufgang bei drei Grad auf die beheizten Sitze ins Auto gesprungen - zumindest die Reiseteilnehmer auf den priviligierten Plätzen vorne - und nach einer Stunde Fahrt hat man begonnen, sich Schicht für Schicht vom Leib zu schälen und nach Ankunft am Zielort galt der erste Griff in die Reisetasche der kurzen Hose, an der bei 27 Grad nun kein Weg vorbei führte.

Ein solcher Tag war auch der Winteranfang im Etosha, der hier glaube ich nur pro Forma existiert. Einen Winteranfang mit 29 Grad hatte ich zuvor jedenfalls noch nicht erlebt. Und auch keinen mit etwa 27 Grad Temperaturunterschied.
Abends beim Kochen schnibbelt man noch fröhlich im T-Shirt das Gemüse im Sonnenuntergang, beim Brutzeln zieht man sich den Wollpulli über, das Abendessen nimmt man unbedingt im Wintermantel ein und wenn es dann ums Abspülen geht, ist man entweder sehr dankbar für warmes Wasser oder man wünscht sich Thermo-Gummihandschuhe und auf alle Fälle nimmt man sich ganz fest vor, das am nächsten Tag unauffällig besser hinzukriegen, so dass jemand anderes den Spüldienst übernimmt.
Neulich wollte ich tagsüber mal ein Stündchen im Zelt chillen. Kein Denken dran aufgrund der Hitze. Und nachts mümmeln wir uns mit Merinoshirt in den Schlafsack und ziehen die Kapuze ganz fest über den Kopf.
Dann sind wieder Tage dabei so wie an der Skeleton Coast, da zieht man im eiskalten Wind vom Meer die Winterjacke den ganzen Tag nicht aus und an einem anderen Tag schlüpft man beim Kochen pflichtbewusst in seine Jacke in Erwartung des Temperatursturzes und dann steht man bei 22 Grad in Winterjacke und kommt sich etwas blöde vor. Dann lässt der Temperatursturz auf sich warten. Auch jene Nacht nach 22 Grad beim Kochen wurde eisig kalt und morgens haben wir die Mützen rausgekramt.
Den Hitzerekord hat mit 37 Grad der Flughafen von Walvis Bay gebrochen, Sossusvlei lag nur knapp darunter. Wohlgemerkt beides Tage, die mit einer Winterjacke begonnen hatten.
Gerne kann man auch Touristen beobachten, die am selben Tisch sitzen und sich dennoch in scheinbar völlig verschiedenen Klimazonen aufhalten. Leute in Winterjacke und mit Mütze, die sich noch nicht geschält haben, begegnen Leuten, die wagemutig schon am Morgen in kurzer Hose und T-Shirt umherspazieren.
Oft verläuft diese Grenze der Klimazonen auch direkt durch unsere Familie. Dann springt Raphael barfuß und im T-Shirt um einen Philipp mit Daunenjacke und Mütze herum, während Sandi mich in kurzer Hose fragt, ob ich wohl wirklich noch meine Handschuhe benötige.
Gestern hatten wir Höchstwerte von niedrigen Temperaturen im Zehnerbereich, übermorgen sind Mittdreißigertemperaturen angesagt.
Ein Urlaub, bei dem man direkt von der Winterjacke in die Badehose springen kann und wieder zurück, das ist echt verrückt. Aber wir bleiben flexibel. Eine kurze oder eine lange Hose ist immer griffbereit und wir ziehen uns mehrmals am Tag um.


Die klaren, kalten Nächte jedoch, die sind es, die uns belohnen mit den atemberaubenden Sternenhimmeln. Wenn man in völliger Dunkelheit nach oben blickt und sich über die Wolken wundert. Bis man begreift, dass das die Milchstraße ist. Das Kreuz des Südens, das einzige uns auf der Südhalbkugel zuverlässig vertraute Sternbild, das über uns wacht und die Venus, die hell jeden Sonnenuntergang in Szene setzt.

Den Sternenhimmel, den werden wir vermissen. Das Schlüpfen in eine Zweigradjeans nicht ganz so sehr.

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