Grüne Hölle

Zurück in Kapstadt!
6.900 Kilometer in vier Wochen. Davon etwa die Hälfte auf Schotter-, Sand-, und Geröllpiste oder unserem auf Lieblingsstraßenbelag, Salzstraße. Wenn man bedenkt, dass die Strecke von Kapstadt bis zum Etosha hoch und die Fahrt von der Grenze zurück ans Kap auf Asphalt waren und etwa 2.800 Kilometer ausmachten, dann sind wir in Namibia verdammt viel auf staubigen Straßen unterwegs gewesen und haben verdammt viele unterschiedliche Arten von Waschbrett kennengelernt. Feines Waschbrett, grobes Waschbrett, hartes Waschbrett, sandiges Waschbrett, staubiges Waschbrett, Reifenkillerwaschbrett, Stoßdämpfertöterwaschbrett, Aufsetzwaschbrett, ratterndes, rappelndes, schaukelndes, vibrierendes, donnerndes oder surrendes Waschbrett. Alles, was die Straßenwaschküche so im Angebot hat. Es war tatsächlich ein besonderer Moment, als wir den letzten Abschnitt Schotter verlassen haben. Fast ein bisschen traurig war es. Aber auch so heeeerrlich ruhig.
Wir haben erfolgreich den Oranje und mit ihm die Grenze überquert und - JUHU - ein neues Visum bekommen. Etwas, das so eigentlich nicht vorgesehen ist. Die sehr unfreundliche Grenzbeamtin schloss auch kategorisch aus, uns ein neues Visum zu stempeln. Schließlich sind Touristen, die im Land Geld ausgeben ja auch wirklich alles andere als wünschenswert. Sie fing an, ein bisschen Erbsen zu zählen und unfreundlich zu sein und nach Rückflügen zu fragen und warum unsere Kinder in Südafrika zu Schule gehen und blabla. Ich weiß nicht, was ihren Vorgesetzten dann dazu bewog, seinen Bürosessel zu uns rüberzurollen, unsere Pässe in die Hand zu nehmen und zu fragen, ob es uns denn wohl entgegenkommen würden, wenn er uns ein Visum bis Mitte Oktober stempeln würde. Vielleicht mag er seine Kollegin nicht, vielleicht hat er es satt, ständig ihrem erbsenzählenden Gemecker zuhören zu müssen oder vielleicht hatte er einfach Mitleid mit uns, keine Ahnung. Aber Jippie, damit sind unsere Visaprobleme erledigt. Auf das schöne neue werden wir eine Verlängerung beantragen. So spät wie möglich, dann werden wir sowieso keine Entscheidung bekommen, bevor wir ausreisen und keine Entscheidung ist in diesem Fall eine gute Entscheidung für uns. 

Ab der Grenze begrüßte uns Südafrika wieder mit Wolken. Wer weiß, vielleicht waren es noch die selben, die wir vier Wochen zuvor an der Grenze zurückgelassen hatten.
Aber mit unserer vom Garub Blaster sandgestrahlten Windschutzscheibe war es so ohnehin das Beste.

Mit jedem Kilometer weiter nach Süden wurde es zunächst grüner. Wir sagten etwa alle fünf Minuten 'kraaaaass, wie grün das hier ist.' Wahrscheinlich hätte man es nach vier Wochen Namibia und ganz speziell den letzten beiden ziemlich grünarmen Wochen ohnehin gesagt, das Northern Cape jedoch sah nach all dem Regen so grün aus wie wohl schon lange nicht mehr.
Als wir dann im Western Cape zurück waren, also so die letzten fünf Stunden der Fahrt, fuhren wir durch frische, grüne Landschaften mit saftigem Gras, quirligen Bächen und mächtigen Flüssen, wo sonst nur sandige, staubige Täler sind. 
Extra für uns hatte aufgrund der ergiebigen Regenfälle die Wildblumenblüte bereits vier Wochen früher begonnen als üblicherweise und wir fuhren nicht nur durch saftig-grüne Wiesen, sondern durch blühende Teppiche in gelb, orange, lila und weiß. 
Die Wildblumen locken jedes Jahr viele Besucher ins nördliche Western Cape und ins Northern Cape, wenn die Westküste und die Halbwüsten der Karoo und der Cederberge blühen. Und wir haben es als kleines Zuckerl einfach so mit obendrauf bekommen. Wunderschön! Was für ein Geschenk.
Unsere Unterkunft auf einer Farm auf unserer letzten Etappe zwischen Grenze und Kapstadt lag inmitten der Blumenwiesen und das einzige, das dort noch an Namibia erinnerte, war der Blick auf den sich im Sonnenuntergang dunkelrot verfärbenden Berg.

Nun sind wir zurück, eingezogen in das neue Haus. Wir haben den Blick gewechselt und schauen nicht mehr auf den Lion's Head, sondern auf den Tafelberg. Vom Schlafzimmer haben wir einen weiten Blick über die Stadt bis hin zum Hafen, wo wir beobachten können, ob ein Hamburg Süd Frachter vor Anker liegt. Wir wohnen jetzt am steilen Hang des Kloof Neks und werden in den nächsten Monaten alle ein tagtägliches Training in der Disziplin Bergsteigen absolvieren, denn egal wo wir hinmöchten: es ist steil. Richtig steil. Die Jungs haben beklagt, dass sie auf dem neuen Weg zur Schule nun steil hoch, runter, weiter steil hoch und wieder runter müssen. Zu viele Verluste an Höhenmetern. Bisher ging es einfach nur rauf. Zwar auch steil, aber das dafür nur einmal. 
Inzwischen haben wir unser Chaos an Wäschebergen, Kisten, Reisetaschen und Campingzeug einigermaßen unter Kontrolle bekommen -  auch dank des Luxus einer Garage, die wir nun unser Eigen nennen und in der man so wunderbar Sachen unterstellen kann, über die man sich gerade keine Gedanken machen möchte. Sowas wie staubige Schlafsäcke oder Campingkochtöpfe, die eigentlich dringend mal in die Spülmaschine sollten. Aber bis Ende September, wenn die Sache ihren nächsten Einsatz bekommen, ist es ja auch noch ein bisschen hin.

Auch Kapstadt hat sich in eine grüne Hölle verwandelt. Ein grün leuchtender Lion's Head, ein überall üppig blühender Tafelberg, saftige Wiesen und frech aus den Ritzen am Gehweg quellendes Unkraut, wo sonst auch nichts ist als staubiger Asphalt. Schön, im Grün zurück zu sein nach vier so kargen Wochen. 

So, der Alltag ruft. Heute in Form von Leberkäs mit Kartoffelsalat. Die kommen jetzt auf den Tisch!






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