Wüstenelefanten

 Direkt nach einem Post mit dem Titel "Elefanten" einen anzuschließen, der "Wüstenelefanten" heißt, ist nicht besonders originell. Aber was soll ich machen? Unsere Reiseroute brachte uns eben nach den Elefanten zu den Wüstenelefanten. Das nächste Mal plane ich die Route vielleicht ein bisschen abwechslungsreicher für Euch, auch wenn es einen Umweg bedeutet, jetzt aber ist es eben wie es ist.

Und mit dem Titel Twyfelfontein hätte ja auch niemand was anfangen können, das wäre die Alternative gewesen, denn dort waren wir und dort waren auch die Wüstenelefanten.

Hauptsächlich aber gibt es in Twyfelfontein Felsengravuren. Ich finde ja, auf Englisch klingen das irgendwie viel plausibler, rock engravings, aber wir müssen uns eben mit dem deutschen Begiff Felsengravuren zufrieden geben.

In Twyfelfontein gibt es derer viele, so dass der Ort zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Überhaupt gibt es in Namibia die höchste Dichte an Felsenmalereien und Gravuren weltweit. Und in Twyfelfontein gibt es eben besonders viele.

Und was für prächtige! Elefanten, Nashörner, Giraffen, Strausse, nichts, was nicht in die Felsen geritzt ist. Sogar Robben und Pinguine sind abgebildet, was bedeutet, dass die Menschen damals offenbar bis ans Meer gezogen sind, was inmitten der Wüste völlig unvorstellbar erscheint. Ein Felsen sah aus wie eine Schultafel, verschiedenste Hufabdrücke von Antilopen waren dargestellt und anderswo comicartige Abbildungen von Interaktionen zwischen Menschen und Tieren.
Aufgrund der Tatsache, dass in Namibia alles sehr viel Zeit hat, auch die Erosion, sind die Kunstwerke auch nach 1.000 bis 5.000 Jahren noch in erstaunlichem Detailreichtum erhalten. Wunderschön. Viele der Abbildungen lassen einen wahrlich schmunzeln aufgrund ihrer prägnanten Abstraktion, die teilweise fast schon kindlich wirkt. Aber bei jedem Tier, und sind es nur ein paar Striche, weiss man sofort, um welches Tier es sich handelt.
Und als wäre das noch nicht genug, ist Twyfelfontein, was übrigens Tweifelfontein ausgesprochen wird und ‘zweifelhafte Quelle' bedeutete (ist Afrikaas nicht einfach herzig?) in ein wunderschönes weites Tal zwischen felsige, rote Berge gebettet, an dessen Hänge sind vereinzelt einsame Mopanibäume klammern und zwischen denen wie ein Fluss aus goldgelbem Gras und silbergruenen Sträuchern fliesst und das alleine eine Reise wert wäre. Und über allem die kreisenden Felsenadler am weiten Himmel.


Aber das war nur unser Vormittagsprogramm. Wir sind nicht faul hier und deshalb war am Nachmittag ein Ausflug mit Charles dran, der uns in das Tal des Aba-Huab Flusses brachte, wo es vollkommen frei lebende Elefanten gibt. Charles erzählte, dass es in den meisten der Flusstäler in Richtung Norden bis an die Grenze zu Angola Elefantenherden gibt. Aber nicht nur das, auch Giraffen, Leoparden und sogar Löwen. Eine der letzten Regionen Afrikas, in der Löwen und Elefanten außerhalb er Grenzen von Nationalparks frei umherstreifen.
Dies führt natürlich zu gewissen Konflikten zwischen Menschen und Löwen in diesen Regionen, in denen die Menschen auf das Überleben ihrer Ziegen angewiesen sind. Aber auch hierfür scheint man Lösungen zu finden in Form von Löwen-Rangern, die von NGOs ausgebildet und finanziert werden. Sie tracken die Löwen und können so die Dorfbewohner warnen, wenn sich ein Löwe dem Dorf nähert. Schlaue Sache, bei der es soviele Gewinner gibt. Der Ranger, weil er einen Job hat, die Dorfbewohner, weil sie ihre Ziegen nicht verlieren, die Ziegen, weil kein Löwe in ihr Gatter springt und bis zu siebzig (!!!) von ihnen in einer Nacht tötet und der Löwe, weil keiner mehr nach seinem Leben trachtet. Dafür müssen manche Männchen und dominante Weibchen ein Halsband mit Sender tragen. Alles in Allem ein kleines Übel für den Löwen, der am Ende früher oder später doch den Kürzeren ziehen würde.
Heute auf der Fahrt an die Küste haben wir übrigens - leider keine Löwen - einfach durch die Gegend ziehende Giraffen gesehen. Sie standen einfach in der Landschaft und haben getan, was Giraffen so tun: Blätter von Bäume fressen. Ist das nicht unglaublich, das man so durch die Lanschaft fährt und plötzlich stehen da Giraffen und pflücken Blätter von den Bäumen?
Aber zurück zu gestern und dem Flusstal.

Man kann es sich in dieser Trockkenheit nicht vorstellen, aber diese Flüsse sind tatsächlich manchmal Flüsse. Nicht oft, aber wenn, dann erzählte uns Charles, dann sind es richtige Flüsse. Das liegt jenseits meiner Vorstellungskraft, denn die Flusstaeler sind wirklich richtig ausgewachsene Flusstäler, oft mehrere hundert Meter breit. Und das soll alles voller Wasser sein? Meterhoch? Letztes Jahr im Sommer wohl in einem Monat vier Mal. Dafür davor auch über Jahre nicht. Nichts also, auf das man sich verlassen kann, so ein Namibischer Fluss. Und zum Glück war er gestern trocken und wir konnten uns mit Charles Allrad durch das Tal fahren lassen.
Was für eine traumhaft schöne Fahrt zwischen den Bergen und den ersten Dünen, unter Bäumen so groß und grün, wie man sie in Namibia selten zu Gesicht bekommt, und dann irgendwo ganz weit hinten, wo man schon kaum noch glaubt, dass es wirklich ein Flussbett ist, dort waren sie: die Wüstenelefanten. Eine große Familie mit Individuen jeden Alters. Einen ganz besonders kleinen hatten sie dabei und er sah so aus, als könnte er doch nicht älter sein als ein aar Monate ein. War das Kerlchen doch schon fast 4 Jahre alt! Man kann nicht sagen, dass die Elefanten ungeduldig sind, was die Aufzucht ihrer Jungen angeht. Bis zu sechs Jahre säugen die Wüstenelefantenmamas ihre Jungen und nur alle ca acht Jahre bekommen sie ein Junges - nach 22 Monaten Tragezeit. Was haben wir Menschenmamas es doch gut!
Die Wüstenelefanten haben sich an ein Leben in der Wüste angepasst, sie haben eine andere, kargere und einseitigere Diät als Elefanten anderswo. Sie säugen ihre Jungen länger, sie sind schmächtiger und sie leben kürzer. Aber mindestens genauso beeindruckend sind sie dennoch.
Am Rande des Flusstals liegt ein kleines Dorf, in dem es ein grosses Wasserbecken gibt und ein kleines. Am grossen trinken die Elefanten, am kleinen die Ziegen. Und die Elefantenbabies, die mit ihren Rüsselchen nicht über den Rand des großen Beckens reichen können. Beide Becken werden gespeist von einer Solarpumpe und wenn, so wie gestern, nicht genug die Sonne scheint, dann holen die Dorfbewohner ein langes VerlägerungskabelanVerlängerungskabelanVerlängerungskabelanVerlängerungskabel und legen es durch das halbe Dorf, auf dass die Elefanten genug zu trinken haben. Das fand ich so unglaubliich rührend. Die Leute, die dort nichts haben ausser ein paar dürren Ziegen und klitekleinen Häuschen aus Wellblech, die legen ein Kabel, dass die Pumpe läuft, damit die Elefanten genug zu trinken haben. Die Elefanten im Gegenzug respektieren das Dorf der Menschen und Charles, unser Guide meinte, man würde schlicht und einfach keinen Garten anlegen, um Konflikten vorzubeugen. Denn wo kein Garten ist, da ist auch kein Elefant. Sehr pragmatisch. Und im Zweifel, da würde sogar ich meinen Garten gegen eine Elefantenherde eintauschen.

Und die Elfanten? Die waren wunderschön. Wir konnten sie aus atemberaubend naher Nehe betrachten und sie waren wieder so schön leise. Eine ganze Elefantenherden steht da und man hört nichts. Bestimmt eine Stunde haben wir mit ihnen verbracht, sind ihnen zur Wasserstelle gefolgt, haben sie beim Trinken beobachtet, haben über das Kleine geschmunzelt, das sich soooo sehr gestreckt hat, um auch mal aus dem großen, hohen Becken trinken zu können wie die Großen statt immer aus der Ziegentränke, wir haben beobachtet wie die Leitkuh zum Abmarsch aufrief, lautlos wie immer und wie sie sich davonmachten, das Flusstal hinauf. So schöne, so sanfte Tiere... was sind wir dankbar für die Begegnung.

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