Elefanten

Die Welt hat uns wieder. Heil und an einem Stück. Nach fünf Tagen in der Nebenwelt - wenn nicht eigentlich ganz Namibia eine Nebenwelt ist. Dann wären wir noch dort.

Fünf Tage Etosha Nationalpark. Fünf unglaubliche Tage mit noch viel unglaublicheren Begegnungen mit den unglaublichsten Kreaturen, die die Natur hervorgebracht hat.

Der Etosha Nationalpark liegt im Norden Namibias, rund 400km nördlich von Winddhoek und er ist mit fast 23.000 km² nur unwesentlich kleiner als Mecklenburg-Vorpommern. Ein ganz schön großer Park also. Herz des Parks ist die Etoshapfanne, eine Salzpfanne von mit 130 x 50 km ebenfalls gigantischen Ausmaßen. Sie nimmt etwa in Viertel des Parks in und ist sogar aus dem All erkennbar. Von dort aus haben wir sie allerdings nicht gesehen. Sie wird nach starken Regenfällen im Süden sehr unregelmäßig überflutet und wird dann in Windeseile ein Paradies für Flamingos und Pelikane. Woher auch immer die Vögel wissen, wann es in der Pfanne Wasser hat. Wenn sie nicht mit Wasser gefüllt ist, ist die Etoshapfanne eine weisse, salzverkrustete Ebene, in die sich kein einigermaßen vernünftiges Lebewesen je wagen würde. Ein paar hundert Meter rein in die Pfanne haben wir hin und wieder ein paar Oryxantilopen beobachtet, die dort ruhten. Vielleicht, weil sie dort relativ sicher sind vor den grossen Katzen. Vielleicht auch, weil Oryx kein einigermaßen vernünftiges Lebewesen ist, sondern ein völlig irres, das es sogar mit der noch deutlich lebensfeindlicheren Namib weiter im Süden aufnimmt, wo man sonst auf kaum andere Arten an Säugetieren stößt.


Sandi und ich waren schon auf Tour im Krüger Nationalpark und in der Kalahari in Südafrika, in der Massai Mara in Kenia und der Serengeti im Tansania. Wir waren im Ngorogoro Crater, im Addo Elephnt National Park und am Lake Nakuro und überall haben wir Löwen und Elefanten und Nashörner und Zebras gesehen. Aber die letzten Tage im Etosha haben alles getoppt. Wohin wir blickten, welches Wasserloch wir anfuhren, wir trafen auf riesige Herden von Springbok, von Zebra, Kudu, Eland oder Gnu. Wir haben Oryxantilopen beim Trinken beobachtet, Giraffen, die ihre Babies zum Wasserloch führten und Löwenjunge, die in der Steppe rauften. Wir haben Nashörner in so großer Anzahl gesehen, dass wir dachten wir träumen. Wir kannten es, dass man mit ganz viel Glück mal ein Nashorn sieht, vielleicht mit gaaaanz viel Glück noch irgendwo in der Ferne ein zweites. Aber Etosha? Rhinos an jeder Ecke! Einen Abend, als wir am Wasserloch im Camp saßen, kamen sechs (SECHS!!!) Nashörner. Gleichzeitig. Mit Jungtier, rangelnden Männchen und einem Elefanten on top, dem die Rhinoshow sowas von egal war.

Im letzten Camp gab es eine Aussichtsplattform über dem Wasserloch, von der aus man die Tiere aus allernächster Nähe beobachten konnte. Dort hatte ich am letzten Abend das Glück, als ich ganz alleine auf dem Spähposten war, dass ein ganz privates Nashorn nur für mich kam um zu trinken. Was für ein beglückender Moment für jemanden, dessen Lieblingstier das Nashorn ist. Ganz staubig war es, mein Rhino und nachdem es getrunken hatte, sah sein nasses und nicht mehr staubiges Maul fast so aus, als wäre dunkler Lippenstift aufgetragen.
Ein so scheues Tier, immer horchend, die kleinen Ohren in alle Richtungen drehend, immer auf der Hut. Und da stand es gut zehn Minuten nur ein paar Meter von mir entfernt und hat getrunken. Ganz friedlich einfach nur getrunken, während ich die Luft angehalten und versucht habe, so leise zu blinzeln wie es nur geht, um es nicht zu erschrecken. Bis es wieder in die Weite getrabt ist und unvermeidlich von der Dunkelheit verschluckt wurde. Von der Dunkelheit, in der man das Brüllen des Löwen hörte, das Jaulen des Schakals und das Zetern eines Vogelschwarms. Warum auch immer diese Vögel nachts nicht schlafen.

Aber auch wenn mein Lieblingstier das Nashorn ist, man fasziniert ist von der Akrobatik einer trinkenden Giraffe, man verzückt ist von der schieren Anzahl der Herdentiere und man nicht anders kann, als sich in die Schönheit eines Zebras zu verlieben, so waren die Stars der letzten Tage doch ganz eindeutig die mit den längsten Rüsseln. Elefanten.

Meine Güte, so viele Elefanten und so viele Begegnungen aus nächster Nähe.

Im letzten Camp konnten wir sie aus wenigen Metern Entfernung sehen. Wir konnten ihre Falten zählen, ihre Fußnägel sehen, ihren Geruch einsaugen und hören, wie sie das Wasser in den Rüssel schlürften. Ein andernmal konnten wir vom Camp aus einen Familienclan mit Babies und Jungtieren beobachten, 37 Tiere zählte Raphael. Sie tranken, die Jungtiere planschen im Wasser genau so wie es Kinder tun - mit dem klitzekleinen Unterschied, dass Kinder sich idealweise nicht länger gegenseitig unter Wasser drücken. Kein Problem für einen Elefanten jedoch, hat er seinen Schnorchel ja serienmäßig verbaut und immer dabei. Ich saß den ganzen Nachmittag am Wasserloch und habe den Clan beobachtet. Was für eine Ruhe sie ausstrahlen, diese Bedächtigkeit, was für eine Stille.
Kaum vorstellbr, da stehen 37 der größten Landtiere der Welt und es ist außer dem Rauschen, wenn sie das Wasser aus dem Rüssel in den Mund geben, nichts zu hören. Dass ein so großes Tier sich so leise fortbewegen kann und überhaupt so leise ist, macht es gleich noch sympathischer. Ich liebe alles, was leise ist. Und für ihre Körpergröße sind Elefanten sicher mit großem Abstand die leisesten Tiere der Welt. Vielleich gefolgt von Regenwürmern oder Koalabären. Wobei letztere eigentlich nicht zählen, denn die schlafen ja nur und da lässt es sich auch ziemlich leicht so leise sein.
Bei anderer Gelegenheit haben wir einen Bullen beobachtet, wir er einen Termitenhügel zerlegt hat. Ob aus Langeweile oder Wut oder weil es leicht verfügbarer Staub war, um sich zu bewerfen, keine Ahnung. Die Termiten jedefalls haben einem leid tun können, wie der Elefant seinen Rüssel in den Haufen bohrte, mit den Vorderbeinen daran scharrte und ihr zermalmtes Heim auf seinen Rücken warf.
Ob Jungbullen, die sich am Wasserloch zum Aufmischen der friedlichen Szene verabredet hatten, Mütter, die zielstrebig und beherzt ihre Jungen zum Wasser geführt hat, sich einstaubende Elefanten oder weiss eingestaubte, es war alles dabei und man kann sie und ihre Rüsselakrobatik stundenlang beobachten, ohne dass es jemals langweilig wird.

Raphael hat mich gefragt, wie Wilderer es fertigbringen, diese wundervollen Tiere abzuschlachten für ihr elfenbein. Ganz ehrlich? Ich weiss es nicht.
Wir jedenfalls werden nochlange schwelgen in den Erinnerungen an diesen Flecken Erde, der für uns mit seinen Savannen so unwirtlich erscheint und dennoch so ein Garten Eden ist für all die Tiere, die ihn durchstreifen.

Kommentare

  1. Wow, bin ich neidisch und Julia erst - da müssen wir unbedingt auch hin! Eine gute Zeit euch noch und liebe Grüße, Claudia

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