Im neuen Haus

 Ihr Lieben, es ist so viel passiert.

Wir sind umgezogen und bewohnen jetzt unser sehr buntes Haus in der Straße mit dem wohlklingenden Namen Welgemeend Street. Welgemeend bedeutet was man vermutet: gut gemeint. Und das nehmen wir als positives Omen und glauben, dass es dieses Jahr wohl mit uns meinen wird.
Im Vergleich zu dem, was wir im Dezember in München hinter uns gebracht haben, war das ein himmlisch einfacher Wimpernschlag-Umzug. Alles Zeug in unsere sieben Taschen schmeißen, ein bisschen quetschen, Reißverschluss zu und ab ins Auto damit. Leben mit Dingen, die in sieben Taschen passen, ist herrlich. Wir haben erstaunlicherweise noch kaum etwas vermisst (außer die Jungs ihre Bildschirme) und es gibt so wunderbar wenig aufzuräumen. Das meiste, das die sieben Taschen füllte, waren Klamotten, ein paar Bücher und ein paar Computersachen. Und die liegen erfreulich selten irgendwo im Haus herum. 
Und da das Leben mit so wenig Sachen so befreiend ist, werde ich als erstes nach unserer Rückkehr nach Hause (an die wir noch lange nicht denken) da weitermachen, wo wo vor der Abreise aufgehört haben: mit Ausmisten, Verkaufen, Verschenken, Spenden und Wegschmeißen. 

Hier im Haus haben wir auch schon einen guten und zuverlässigen Freund gefunden, der uns regelmäßig abends besucht. In Kapstadt sind die meisten Häuser mit Alarmanlage gesichert und wenn so ein Alarm losgeht und man den Anruf des Sicherheitsdienstes, der durch den Alarm gerufen wird, nicht schnell genug entgegennimmt, steht da ein bewaffneter Mann vor der Türe und klingelt recht beharrlich. Da weiß man dann besser das Passwort, mit dem man die Situation und den Mann entschärft. Keine Ahnung, was die sonst mit einem machen würden. Wir werden es nicht ausprobieren. Jedenfalls war anfangs unsere Alarmanlage falsch programmiert und wenn wir außen scharf geschaltet haben und uns innen bewegt haben, ging der Alarm los. Und da unsere Telefonnummern noch nicht hinterlegt waren, konnten wir den logischerweise nicht erhaltenen Anruf nicht entgegennehmen. Am nächsten Tag programmierte unser Vermieter alles neu, leider immer noch genauso falsch und so stand abends wieder so ein armer Mann wegen Fehlalarms vor der Tür. Bis die Alarmanlage schließlich richtig programmiert war, haben wir sie ich weiß gar nicht wie oft ausgelöst aber diese Leute vom Sicherheitsdienst sind sehr geduldig und mittlerweile sind unsere Nummern hinterlegt und ich kann jetzt meinen Satz von wegen Fehlalarm und Passwort und so und weiß, dass ich abends mein Telefon sofort aus dem Flugmodus nehmen muss, wenn Sandi die Alarmanlage mal wieder auslöst, damit ich auf keinen Fall den Anruf nicht verpasse und nicht wieder ein bewaffneter Mann vor unserer Türe steht.

Das beste an unserem Haus ist allerdings nicht die Alarmanlage, nicht der Pool, nicht die Dschungeltapete im Wohnzimmer, nicht der windgeschützte Innenhof, nicht der Blick auf den Tafelberg von Philipps Dusche aus oder der nicht minder schöne Blick auf den Lion's Head beim Öffnen der Schlafzimmerfensterläden am Morgen. 
Nein, es ist die unmittelbare Nähe zum Mediclinic Cape Town Hospital! Nicht dass wir vorhätten, dass irgendwer von uns das jemals von innen sehen wird. Auf keinen Fall! Aaaaber, wir sind offenbar im selben Grid wie dieses Krankenhaus! Und das ist offenbar vom Loadshedding ausgenommen! Blingbling, das ist der Jackpot! 
Am ersten Abend sind wir hektisch durchs Haus gerannt, um die Lichtschalter zu all diesen Lichtern zu finden - wir haben alleine in der Küche sechs Lichtschalter!!! - bevor alles dunkel wird und wir gar keine Ahnung haben, wo was auszuschalten ist und nachts alles fröhlich wieder anspringt. Und dann kam kein Loadshedding. Glück gehabt, dachten wir. Als dann aber am nächsten Vormittag der Kühlschrank nicht ausging und sich das Spiel mit den Lichtern am nächsten Abend wiederholte, hatten wir so eine Ahnung, dass wir vielleicht zu den Glücklichen gehören könnten, die ihre Waschmaschine rund um die Uhr betreiben können. Klopf auf Holz, bisher ist es so geblieben. Unsere Loadsheddinglichter haben wir diese Woche nur gebraucht, als Raphael uns auf dem Weg zum Elternabend (ja, da kommt man auch hier nicht drum rum) nachrief: 'Die Lehrerin hat gesagt, Ihr sollt Lampen mitbringen, weil heute Abend in der Schule Loadshedding ist!' Wir kamen dank des Loadsheddings zu einem sehr kurzweiligen allgemeinen Vortrag in Rekordgeschwindigkeit, da die veranstaltenden Lehrer vermeiden wollten, mit einem vollbesetzen Saal Eltern im Dunkeln dazusitzen.

Außerdem ist das Klavier angekommen. Es ist wunderschön, endlich wieder Musik im Haus zu haben nach über fünf Wochen Ruhe. Und dem Haus hat wirklich ein Klavier gefehlt. Dem Haus mindestens genauso wie Raphael und mir. Und einen Klavierlehrer haben wir gefunden, der Großes vorhat mit Raphael. Es hörte sich an, als wäre er nicht ganz zufriedenzustellen mit all den künstlerischen Freiheiten in der Übepraxis, die Raphael sich sonst manchmal gönnt. Jetzt fehlen nur noch eine Gitarre. Die Auswahl an klassischen Gitarren ist etwas kleiner als gedacht, um nicht zu sagen, nicht als Auswahl zu bezeichnen. Daran arbeiten wir noch. Und das Cello, das im ersten Anlauf nicht mitreisen durfte, wartet auch noch sehnsüchtig darauf, endlich seinem Cellisten nachzureisen. Das wird allerdings autschi-teuer. Irgendwie haben wir da die optimale Lösung noch nicht gefunden.

Aber unser Auto ist da, hurra! Der arme Sandi, der sich mit dem  wortkargen Autohändler rumschlagen und ihm jedes Bisschen Information aus der Nase ziehen musste zum Stand der Überweisung, der vorübergehenden Anmeldung, des Antrags auf traffic registration number, des Abholtermins der letztendlich ein Liefertermin wurde, da das Mietauto zurückgegeben werden musste. Und dann ist das Auto da, mit temporärer Zulassung auf den Autohändler und der stellt es uns, wie wir nach ein paar Fahrten herausgefunden haben, ohne Versicherung hin. *Schrei*
Aber auch die Hürde hat Sandi genommen und nun fahren wir mit unserem mega prolligen Jeep Patriot mit weißem Kühlergrill durch die Gegend und ich habe meinen Schwur gebrochen, niemals in meinem Leben einen SUV zu besitzen. Dieser Schwur allerdings hat sich mit einem anderen Schwur gebissen: nie wieder ohne mindestens SUV in die Kalahari zu fahren. Und ich versichere Euch, über den eigenen Schatten zu springen was den Besitz eines SUVs angeht, ist wesentlich weniger schlimm, als mit einer kleinen Rappelkiste über das Waschbrett in der Kalahari zu poltern. Und irgendwie macht so ein SUV da ja auch mehr Sinn als auf dem Edeka-Supermarkt in der Implerstraße oder dem abgesenkten Bordstein der Garageneinfahrt... 

Gerade übrigens komme ich von einem kleinen Markt in einem Park am Fuße des Tafelbergs nach Hause. Und ich kann Euch sagen, es gibt fast keinen besseren Start in ein Sommerwochenende als im Park auf einem Markt zu sitzen, den Tafelberg anzuhimmeln und dabei einen Eiskaffee zu schlürfen, während die Männer das Wochenende nach ihrem Geschmack starten, nämlich auf dem Surfbrett in Muizenberg. Die Wellen sollen gut sein und der Surflehrer meint, die Jungs wären nun bereit für ihre eigenen Bretter. Sie haben sich bei den Größen immer weiter runtergearbeitet und sind jetzt da angelangt, wo man offenbar sein eigenes Board besitzen sollte. Und Raphael hat geschafft, wofür er eigentlich hergekommen ist: mit seinem eigenen Surfboard surfen zu gehen! 

Während ich also auf die Männer warte, sitze ich in unserem kleinen Vorgarten an unserem kleinen Pool im Schatten und kann mich nicht sattsehen am Blau des Himmels und dem Pink unserer wunderschönen Bougainvillea und ich denke jepp, das haben wir richtig gemacht!


Kommentare

  1. Hört sich nach einem tollen bunten Haus in einer wunderschönen Umgebung am! Gutes Eingewöhnen weiterhin! Liebe Grüße, Claudia 🤗

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    1. Danke, liebe Claudia. Ja, bunt ist es. Und jeder hat seine Farbe gefunden....

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