Von Kirchen und Tempeln

So, für heute hatte ich Euch also versprochen herauszufinden, was Macau
ist. Wir haben schwer daran gearbeitet, das herauszufinden.
Macau ist eigentlich richtig nett. Wenn man von den Heerscharen an
chinesischen Touristen absieht, die im Gleichschritt durch die Gassen
stapfen, in ein paar wenigen Läden, in denen man wohl tütenweise
Süßigkeiten kauft, tütenweise Süßigkeiten kaufen und sich - sonderbare
Posen einnehmend - vor den Sehenswürdigkeiten fotografieren lassen. Aber
so sonderbar wir den chinesichen Gleichschritt und Hordentrieb finden,
genauso befremdlich finden sie wahrscheinlich unser Bedürfnis nach
Individualität und dass wir stocksteif und ohne Peacezeichen auf unseren
Fotos stehen.
Aber Macau ist mehr als die Touristenscharen. Macau ist wirklich nett
und sehenswert. Die Mischung aus chinesischem Größenwahn und
portugiesischem Charme machen die Stadt zu einem sehr erkundenswerten
Ort. So stolpert man von einer chinesischen Geschäftsstraße mit bunten,
leuchtenden Schriftzeichen auf einen netten kleinen, portugiesischen
Platz, auf dem eine Kirche steht und man sich im Schatten von Palmen auf
eine gemütliche Bank setzen kann. Die Portugiesen haben hier ein sehr
attraktives Erbe hinterlassen, das muss man ihnen lassen. Und nach all
den ehemals englischen Kolonialstädten, die wir auf unserer Reise
gesehen haben, bietet Macau einen erfrischenden Kontrast mit so viel
Stil und Eleganz. Passt die portugiesische Kultur und Architektur
vielleicht einfach eher in die klimatischen Bedingungen der Tropen oder
Subtropen? So ein mediterraner Platz passt irgendwie einfach besser
unter die Palmen als ein englisches Herrenhaus.
Und während man sich in der Stadt und ihren gepflasterten, schattigen
Gassen verläuft man immer wieder auf Kirchen, große Kirchen, die im
Inneren so herrlich luftig und lichtdurchflutet sind, so elegant in weiß
und creme gehalten und aussehen wie aus Baiser. Sie sind wunderbar
erhalten diese Kirchen und oft steht gar nicht weit entfernt von den
alten Gottshäusern ein kleiner chinesischer Tempel, vor dem die
Räucherspriralen brennen. Was für eine Mischung!
Nachdem die Kinder in der Hitze kapituliert haben (zu heiß ist es in
Macau aber dafür können ja weder die Chinesen noch die Portugiesen was),
bin ich alleine weitergezogen zu einem etwas außerhalb des Zentrums
gelegenen chinesichen Park. Und auch dieser hat mich begeistert. Ein
Park wie ein Gemälde, ein Park, wie man sich bei uns einen chinesischen
Garten vorstellen würde. Große Teiche mit roten Goldfischen, Lotusblumen
und kleinen Brücken, in Pagoden mit geschwungenen Dächern sitzen Männer
und spielen unbekannte Spiele auf prachtvollen Spielbrettern, eine
Trauerweise beugt sich über den Rand des Teiches und straffer Bambus
schafft kleine Sitznischen, in denen rote Bänke stehen. Und was bei uns
ein Museum wäre und Eintritt kosten würde, ist hier ein öffentlicher
Garten, in den die Kinder zum spielen kommen, ältere Leute Tai Chi
machen und Männer sich im Teehaus zum ratschen treffen. Und als wäre das
alles noch nicht Klischée genug, nein, in der Mitte des Parks steht ein
kleines Museum, in der eine Ausstellung der Kalligrafie-Gesellschaft
Macaus stattfindet und die schönsten Kalligrafien gezeigt werden, die
einem vor Augen führen, wie langweilig und phantasielos doch unsere
lateinische Schrift ist, wenn man Geschriebenes auch in so wundervoller
Form wie einer chinesischen Kalligafie ausdrücken kann.
Interessant hier ist auch die kulinarische Mischung. In ein und dem
selben schäbigen kleinen Restaurant werden gefüllte Eclairs und
Nudelsuppen verkauft. In einem Laden stehen kleine Eiertartes im
Schaufenster, nebenan hängen die gegrillten Hühner an den Hälsen. Ich
bin den Portugiesen ja dankbarer für die Tartes als den Chinesen für die
Hühner aber jedem das Seine!

Macau wäre aber auch nicht Macau, gäbe es die ganzen Casinos nicht, die
mit aberwitzigem Prunk und Protz versuchen, die Kunden anzulocken.
Casinotag ist morgen, da werden wir uns in eine dieser
Casino-Hotel-Entertainment-Welten begeben und versuchen, auch diese
Seite Macaus kennenzulernen. Es bleibt spannend und nachdem wir ja
eigentlich nie geplant hatten, hier her zu kommen und nur hier gelandet
sind, weil die Flüge so viel billiger waren als die nach Hongkong (HK
ist von Madau nur eine Stunde Fährfahrt entfernt), sind wir richtig
positiv überrascht und könnten fast noch mehr Zeit hier verbringen als
geplant. Im Spaßreservat Macau wird einem so schnell nicht langweilig,
dafür ist gesorgt. Hier wird jeder glücklich gemacht, ob alt oder jung,
damit er am Abend (oder auch gern tagsüber) fröhlich ins Casino kommt
und gut gelaunt sein Geld verzockt. In diesem Sinne, rot oder schwarz,
schwarz oder rot???

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