Letzte Tage

Heute ist unser letzter richtiger Tag. Obwohl, morgen ist fast auch noch einer. Wenn ein Flug um 23.45 geht, kann man schon fast noch von einem ganzen Tag sprechen. Aber ein Abreisetag ist kein richtiger Tag.
Heute ist unser letzter Tag und irgendwie sind letzte Tage immer komisch. Auch schon die vergangenen paar Tage waren komisch. Einerseits das Gefühl, noch schnell ganz viel machen zu müssen, andererseits eine ziemlich Unlust, sich nochmal aufzuraffen, die Panik, was man nicht alles verpassen wird, andererseits die totale Ruhe, weil, ach, noch ein Tempel? Der wird uns auch nicht mehr vom Hocker hauen.
So haben wir für unseren letzten Tag beschlossen, Sehenswürdikeiten, Märkte, Tempel, Wanderungen, alles auszulassen und uns einen gemütlichen Tag am Strand zu gönnen. Gemütlich so weit ein Sonntag am Strand in Hongkong ebend gemütlich ist. Aber ein Stückchen Strand mit feinem Sand haben wir gefunden, gut zum buddeln, gut zum faulenzen und gut zum Baden! Was will man mehr? Und so ein Badesonntag in Hongkong bietet uns nochmal alles, was an chinesischer Lebensfreude, was man sich nur vorstellen kann.
Der Strand, an dem wir waren, heißt Big Wave Bay. Ab und an soll es hier auch Wellen geben. Heute aber nicht. Was aber edie coolen Hongkonger Buben nicht davon abhält, sich bei einem der Surfbrettverleihe ein Surfbrett zu leihen und sich damit in das absolut flache und spiegelglatte Wasser zu setzen. Der Starnberger See an einem windstillen Sommertag bietet mehr Wellen als das Meer heute hier. Aber... in Big Wave Bay setzt man sich auf sein Surfbrett, schön aufrecht, schön cool, damit man auch schön von allen gesehen wird... Ein Bild für Götter!

Was haben wir die letzten Tage noch gemacht? Wir sind immer viel zu spät aufgestanden (und ich nenne hier keine Zeiten, denn dann haltet Ihr uns alle für total bekloppt, ich sage nur soviel, mit Jetlag werden wir nicht viel zu kämpfen haben), viel zu spät losgekommen und dementsprechend viel zu spät nach Hause gekommen. Deshalb auch so wenig Blog.
Aber wir haben nochmal den geliebten Spielplatz im Hongkong Park besucht, das stand bei den Jungs ganz oben auf der Liste. Wir sind in der Bank of China auf den Aussichtspunkt gefahren. Besonders beeindruckt hat uns hier ein Modell von Hongkong aus dem Jahre 1988, als wohl die Bank of China Headquarters gebaut wurden. Damals war das 79stöckige Bankgebäude eines der höchsten in der Skyline Hongkongs. Nun ist es eines unter vielen und fällt eigentlich nur noch durch seine eigenwillige, verschachtelte Architektur auf, nicht mehr durch seine Höhe, denn es gibt nun etliche Gebäude, die die Bank bei weitem überragen. Außerdem sehr interessant zu sehen, wie viel kleiner Hongkong Island vor 23 Jahren noch war. Hongkong Island wächst beständig. Nicht auf natürliche Art und Weise, nein, es wird aufgeschüttet. Und das in gewaltigen Ausmaßen. Und auf Gebieten, die vor 23 noch nicht existiert haben, stehen nun 400m hohe Wolkenkratzer, gigantische Shoppingmalls, Busbahnhöfe und U-Bahnstationen. Die Fährterminals werden verlegt und die Fährfahrt von Kowloon nach Hongkong Island um ein paar hunder Meter verkürzt. Das größte Landgewinnungsprojet derzeit dient einer gigantischen Hafenpromenade mit Parks und Marina und wie ich mir sicher bin gigantischen Einkaufs- und Essensmöglichkeiten.
Ein toller Ausflug hat uns noch zum Big Buddha gebracht. Und es wäre nicht Hongkong, wenn es nicht wirklich ein Big Buddha wäre. Er ist groß (wohl die größte sitzende Buddhastatue der Welt), er steht auf einem Berg auf der Insel Lantau und er ist über eine Seilbahn erreichbar. Und über was für eine! Man ist ja als nahe an den Alpen wohnender Mensch schon mit der ein oder anderen Seilbahn gefahren aber diese ist wahrlich spektakulär! In absurden Höhen schwingt man über Meeresbuchten und grüne Schluchten hinweg, hat einen umwerfenden Blick über den Flughafen und seine startenden und landenden Flugzeuge sowie am Ende der Fahrt auf den geduldig auf seinem Berg sitzenden Buddha. Wirklich geduldig und wohlwollend sitzt er da, genießt den Blick auf das Meer und in die grünen Berge und scheint die Menschenmassen, die ihn besuchen und das Touristenörtchen unter sich ganz gut ertragen zu können. Aber bei allabendlichem friedlichem Blick auf den Sonnenuntergang mit frischer Brise um die Nase kann wohl so ein Buddha ganz gut da sitzen können. Wir waren natürlich mal wieder spät dran, als eigentlich schon alles geschlossen war, was uns aber in sofern genutzt hat, dass wir alleine in der großen Gondel nach oben fahren konnten, oben im Touriörtchen fast alleine waren und als einzige ganz oben den Sonnenuntergang bestaunt haben und als allerletzte vom Buddha zurück in den Ort abgestiegen sind. Blöd war nur, dass dann auch der letzte Bus weg war aber auch das hat sich eigentlich gelohnt, denn während die Wolken sich über den Nachbargipfel geschoben haben, ist hinter dem Gipfel der Vollmond aufgegangen, ein ebenfalls sehr stimmungsvolles Bild, das wir verpasst hätten, wenn wir nicht den Bus verpasst hätten. Und wofür gibt's denn Taxis?

Tja, und nun, nun sind sechseinhalb Monate um und eine große Reise ist auf eine Rückreise geschrumpft. Komisch.
Wo wir uns gerade daran gewöhnt hatten, dass Leute auf der Straße in kleinen Blecheimern zu Papierschiffen gefaltete Zettelchen verbrennen, man bei 33 Grad, Sonnenschein und guter Wetterprognose Frauen mit rosa gepunkteten Gummistiefeln auf der Straße treffen kann, man eine Frage immer mit Ja beantwortet bekommt, und sei die richtige Antwort auch noch so NEIN, man Rolltreppe um Rolltreppe in den Tiefen Hongkongs verschwindet und dann wie durch ein Wunder an anderer Stelle Rolltreppe um Rolltreppe an gewünschter Stelle wieder ans Tageslicht kommt, im Supermarkt Hühnerfüße steril abgepackt neben Würstchen liegen, uns 34 Grad und 98% Luftfeuchtigkeit kaum mehr zum Schwitzen bringen, uns der warme Geruch Sheung Wans nach Tee und getrocknetem Fisch beim Verlassen der Wohnung ins Gesicht springt und wir uns angewöhnt haben, immer und wirklich IMMER und ÜBERALL unser Klopapier mitzunehmen, ja, jetzt fliegen wir auch schon wieder heim. Wie schnell so sechseinhalb Monate rumgehen. Aber wenn ich zurückblicke, dann haben wir so viel erlebt und nun isteigentlich  auch gut. All die Erlebnisse und Bilder müssen jetzt im Kopf (und im Computer) gut sortiert werden, damit wir all die Klänge und Gerüche, Farben und Geschmäcker ganz, ganz lange nicht vergessen.
Es ist gut, dass wir uns gegen eine Weltreise entschieden haben, Südostasien hat uns so viele neue Eindrücke und Erfahrungen geboten, wir bräuchten nun dazu keine Pazifikinseln, Südamerika oder was auch immer mehr. Es ist gut wie es ist. Und das ist schön.
Und nun freuen wir uns auf einen schönen letzten Tag morgen und beschließen diesen Post mit einem Zitat von Philipp:
Mama, schade eigentlich, dass die Reise schon vorbei ist. War doch eigentlich ganz schön, oder?

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