Ein ganz besonderer Tag

Ein ganz besonderer Tag war gestern. Auch wenn wir nicht wirklich
verstehen, warum er für all die Leute so besonders war, er war besonders.

Gestern war der erste Tag des neunten Lunarmonats für die Moslems und
somit der Beginn des Ramadan. Insofern sind wird ein bisschen froh,
nicht mehr in Malaysia zu sein, denn die Fastenzeit hätte sich dort
sicher ziemlich bemerkbar gemacht. Und Fastenzeit in allen Ehren, wenn
man nicht mitfasten möchte, dann ist so eine Fastenzeit schon ein
bisschen anstrengend (sicher auch, wenn man mitfastet).
Für die Chinesen war gestern der erste Tag des siebten Lunarmonats. Der
Tag der Vertreibung der bösen Geister. Überall auf den Straßen wurden in
großen Metalltonnen die schönen Zettelchen in Unmengen verbrannt,
Räucherstäbchen und Kerzen aufgestellt und Opfergaben dargebracht. Vor
den Läden, den Restaurants und selbst vor großen Restaurants waren
Tische aufgestellt, die sich unter den prachtvollen Opfergaben bogen.
Das muss für die den Ramadan beginnenden Moslems fast etwas wie eine
ganz gemeine Versuchung gewesen sein. Obwohl, meist war es Schwein, das
da auf den Tischen lag. In einem großen Chinesischen Tempel war gerade
eine sehr opulente Zeremonie im Gange, als ich mit Philipp mehr oder
weniger aus Versehen hinein gestolpert bin. Murmelnder Gesang, Schwaden
von Räucherstäbchen, Glöckchen, über und über mit goldenen Gaben
bedeckte Tische, unzählige rote Lampions, an denen kleine Schildchen
hingen, wohl mit guten Wünschen, Blumen über Blumen und brennende
Kerzen. Was für eine festliche Stimmung!
Und zu guter Letzt war auch für die Hindus ein ganz besonderer Tag.
Wobei ich hier überhaupt nicht dahinter gekommen bin, um was für ein
Ereignis es sich handelte. Philipp und ich wollten einen der großen
Hindutempel besuchen. Die sind ja immer ganz besonders bunt und mit den
ganzen wunderschönen, farbenfrohen Figuren für Kinder ein sehr hübscher
udn interessanter Hingucker. Als wir den Tempel betraten, waren überall
indische Männer, nur mit kurzen indischen Puffhosen bekleidet, dabei,
den Tempel mit Blumengirlanden zu schmücken. Es roch nach Lilien, ein
großer Mast wurde sehr sorgfältig von vielen Männer mit einem nach Sisal
aussehenden Strick umwickelt, daran auch wieder Blumen befestigt. Im
hinteren Bereich des Tempels wurden gigantische Töpfe geschrubbt und mit
einem Gartenschlauch mit Unmengen an Wasser befüllt. Ein kleines Feuer
wurde entzündet und es herrschte eine emsige und sehr vorfreudige
Stimmung. Ungefähr so wie beim Christbaumschmücken am Heilig Abend. Wie
gesagt, was für ein Fest da vorbereitet wurde, weiß ich nicht und die
Männer waren alle so in ihre Arbeit vertieft, dass es mir irgendwie
unangebracht vorkam, sie zu fragen.
Nur für uns Chirsten schien dieser 1. August so gar nichts besonderes
gewesen zu sein. Bis auf uns vier, denn für uns war es gestern genau ein
halbes Jahr, seitdem wir von zu Hause aufgebrochen sind.

Ich habe gestern einen alten Arbeitskollen aus Sydney getroffen, Rahim,
der vor ein paar Jahren wieder nach SIngapur zurückgekehrt ist. Es war
witzig und nett, ein bekanntes Gesicht in dieser fernen Stadt zu
treffen. Philipp hat mich begleitet, während Sandi mit einem leider
fiebernden Raphael im Hotel geblieben ist, um Raphaels Kräfte für den
anstehenden Flug nach Macau zu schonen. So sind wir zu dritt ein
bisschen im Fort Canning Park spaziert, dem alten Fort der Engländer,
sowie am Clarke Quay, einer Promenade am Fluss, mitten in der Stadt,
gesäumt von Kolonialarchitektur. Auch hier gab es von meiner Seite
wieder den totalen Unglauben, wie sehr sich ein Ort in so kurzer Zeit
verändern kann. Einerseits wurde dort am Clarke Quay eine sicher sehr
attraktive und gern angenommene Kneipen- und Restaurantgegend
geschaffen, andererseits wurde ein historischer Stadtteil komplett zu
einem Freizeitpark umgestaltet, der von seinem ursprünglichen Charakter
so schlicht und einfach gar nichts behalten durfte. Denkmalschutz
scheint in Singapur nicht die übergeordnete Rolle zu spielen. Schade
eigentlich, denn die Mischung aus gut erhaltener, authentischer
Kolonialarchitektur mit der durchaus gelungenen modernen Architektur
könnte in Singapur unheimlich interessant sein.

Aber dennoch hinterlässt Singapur auch dieses Mal einen sehr positiven
Eindruck, auch wenn man mit dem Überqueren der Strait of Johor und der
Grenze nach Singapur Südostasien komplett verlässt und man fast schon
einen eigenen Kontinent vorfindet. Asien irgendwie nicht, Europa aber
auch nicht. Einfach Singapur.
Wir kommen wieder... vielleicht das nächste Mal nach dem Knacken des
Lotto Jackpots ;)

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