Georgetown und die wiederentdeckte Reiselust!

Gerade geht hier eines dieser unglaublich erfrischenden und wohltuenden Gewitter herunter. Es ist dunkel und wenn ich aus dem Fenster blicke, sieht es aus wie Regen in einem schlechten Film. So als würde man eine riesige Gießkanne über unser Fenster halten, bzw. über die Straßenlaterne auf der anderen Straßenseite. Dazu noch eine Windmaschine, Blitze, lauten Donner und das Geräusch von auf ein Blechdach prasselnden Tropfen und schon hat man die Szene, die sich draußen gerade abspielt. Innerhalb weniger Momente schießen Wasserströme aus den Regenrohren auf die Straßen, steht die Straße unter Wasser und die Autos schießen hohe Fontänen auf die Gehwege, auf denen sich glücklicherweise keine Passanten mehr befinden... alle weggespült vermutlich. Herrlich! Das werde ich zu Hause ganz sicher vermissen. Diese Wohltat, die ein Regenguss sein kann. Diese Erlösung von der ständigen Hitze, die Erfrischung, die schon der Anblick der Wassermassen mit sich bringt. Wann freut man sich zu Hause schon mal über Regen, ziemlich selten leider.

Aber ich bin Euch ja noch viel mehr schuldig als den Bericht über ein Gewitter.
1. Wir haben uns festgelegt.
Wir haben einen Flug am 2.8. von Singapur nach Macau gebucht. Wir wollten eigentlich den 3. aber tja, Fehler passieren. Also fliegen wir schon einen Tag früher. Macau? Ja, Macau. Das liegt gleich neben Hongkong, ehemals portugiesisch, asiatische Hochburg des Glücksspiels und wir dachten, es wäre angesichts des viel, viel niedrigeren Flugpreises eine nette Idee, sich die Stadt zwei Tage anzusehen. Nun ja, jetzt werden es drei Tage. Von Macau gehen regelmäßig Schnellfähren nach Hongkong. Wir sind ganz stolz, so weit im Voraus haben wir uns bisher noch auf nichts festgelegt. Das heißt nun, dass wir noch genau 31 Tage für Malaysia und Singapur haben. Wahnsinn, das klingt soooo wenig!
2. Unsere Fahrt von Kho Phangan nach Georgetown
Na das war ne Sache. Wir waren ja von Anfang an skeptisch gewesen. Sehr skeptisch, besonders nachdem wir den Zugfahrplan studiert hatten. Nachdem wir aber alle Einzelstrecken der Reise selbst gebucht hatten, hatten wir zumindest nicht mehr die Befürchtung, dass wir mitten in der Nacht irgendwo stranden würden mit unseren Fahrkarten und uns jemand sagen würde, dass er keine Ahnung davon hätte, was wir mit unseren lächerlichen Papierschnipseln von ihm wollten und gerne bei ihm eine Weiterfahrt für einen - nennen wir es der nächtlichen Uhrzeit angemessenen - Fahrpreis erwerben könnten.
Also, es ging los um 16.00 an unserer Unterkunft in Kho Phangan. Unser Taxi fuhr uns zunächst zu dem Reisebüro (und offiziellem Kartenverkäufer von Thai Railways), bei dem wir die Zugfahrkarten reserviert hatten, dann zur Fähre. Die Fahrt dauerte 2,5 Stunden mit einer riesigen Autofähre. Das ganze war aber eigentlich sehr komfortabel und die Zeit mit einem Abendessen und Malen schnell rum. Ankunft in Don Sak. Von dort ging es mit dem Bus nach Surat Thani. Wieso die Fährend dort nicht gleich hinfahren, ist und bleibt ein Rätsel. Es gibt auch Nachtfähren, die können direkt in die Stadt fahren, die wären aber leider für unseren Zug zu spät angekommen. Busfahrt ca. 1 Stunde. Dann wurde man in der Stadt rausgeworfen, wo ein Songtheo auf einen wartete. Warum der Bus nicht die restlichen 15 Minuten durchfährt? Ein weiteres Rätsel. Jedenfalls kommt man gegen 9.30 in Surat Thani am Bahnhof an. Nicht übel eigentlich, ziemlich übel, wenn man den Bahnhof von Surat Thani kennt und weiß, dass unser Zug erst um 1.23 fuhr. Surat Thani ist eine Stadt, die per Zug nur mitten in der Nacht zu erreichen ist. Zwischen 10.00 und 1.23 hielt ständig ein Zug nach Bangkok an. Warum die nicht über den ganzen Tag verteilt fahren? Auch das ein Rätsel. Naja, und so fährt der einzige direkte Zug nach Malaysia um 1.23. Immer noch besser als ewige Minibusfahrten hatten wir gedacht. Noch eine lange (Mini)busfahrt und wir müssen alle vier sterben! Die Zeit am Bahnhof ging erstaunlich schnell vorüber. Bananenroti essen, Bank für die Kinder suchen, Bett für die Kinder machen, Kinder zum Schlafen animieren, mit Kindern aufs Klo gehen, immer müder werden und schließlich auf der Bank im Bett für die Kinder einschlafen, während der Papa mit den Kindern am Bahnsteig auf und ab geht und sie staunen, wie viele Züge mitten in der Nacht in dieser Stadt fahren. Ich habe auch meinen Beitrag geleistet, ich lag auf all unserem Gepäck und habe so alles bewacht... musste ja auch jemand machen!
Zugfahrt Surat Thani - Butterwort: es zieht sich
Die Stimmung an dem Bahnhof war aber eigentlich ganz lustig. Die dortigen Verkäufer haben sich an ein Leben in der Nacht angepasst. Eine Frau lag mit ihrem Baby unter dem Moskitonetz in ihrem Stand. Zwischen den Zügen schien sie zu schlafen, wenn die Züge hielten ist sie wahrscheinlich aufgestanden, um ihre Waren zu verkaufen. Andere Verkäufer hatten sich gemeinsam einen Fernseher aufgestellt und saßen in gemütlicher und geselliger Runde und haben Thai-Soaps angesehen. Am Fahrkartenschalter drängten sich Unmengen an jungen Mädchen mit Kopftuch und Raphael kommentierte sie mit: 'Ich will auch eine Mütze!' Die Mädchen schienen aus einem anderen Zug auf gut Glück nach Surat Thani gekommen zu sein, den anderen Zug nach Süden zu nehmen. Jede, die eine Fahrkarte ergattert hatte, kam freudestrahlend aus der Schlange. Am Ende waren sie aber alle weg, wohin und wie, das habe ich nicht mirbekommen, denn den Zug habe ich dann wohl verpennt. Als unser Zug dann endlich da war, waren genau noch zwei saubere kleine Bettchen für uns frei. Nix wie rein. Philipp hat nach ungefähr 2,4 Sekunden geschlafen. Leider war die Nacht viel zu kurz, denn um 7.30 wurden wir für die Grenze geweckt, wo uns ein sehr mürrischer Thai ausstempelte und ein paar sehr freundliche Herren in Malaysia begrüßten. Sandi musste an der Passkontrolle seine Fingerabdrücke abgeben, ich nicht. Noch so eine offene Frage. Vielleicht sehe ich einfach nicht so aus, als könnte ich was Böses vorhaben in Malaysia? Oder liegt es an meinem neuen, biometrischen Pass, mit dem mein Fingerabdruck sowieso für alle Welt bereitgestellt ist? Außerdem wurde uns an der Grenze eine Stunde geklaut, etwas rätselhaft auch das. Warum hat Malaysia eine andere Zeitzone als Thailand? Wir sind jetzt auf alle Fälle wieder 6 Stunden voraus. Naja, es folgte eine langweilige, schier ewig dauernde Weiterfahrt bis nach Butterworth, wo wir mit fast zwei Stunden Verspätung angekommen sind.
Sehr bemerkenswert an der Fahrt waren noch drei Tüten unbekannten Inhalts. Kurz vor der Grenze hielt der Zug. Eine Frau stieg mit drei schwarzen Plastiktüten ein, versteckte diese unter unseren Sitzen und verschwand wieder. Fand ich irgendwie gar nicht so prickelnd, keine Ahnung was da drin war und wer die uns beim Finden zuordnen würde??? Der Zug hielt an der Grenze, alle gingen durch die Passkontrolle, der Zug fuhr weiter. Irgendwann kam eine zwielichtig aussehende Gestalt, holte die drei Tüten unter den Sitzen heraus, stellte zwei neben die Tür und eine auf den Sitz des Schaffners, welcher zufällig in der Vierergruppe neben uns saß. An der nächsten Haltestelle stellte der Schaffner die zwei neben der Tür deponierten Tüten auf eine Bank auf dem Bahnsteig und schaute sehr interessiert und wohl auch zufrieden in die ihm zugeteilte schwarze Tüte. Sandi hat gefühlt uns meinte, es hätte sich wie Reis angefühlt. Aber würde man zwei Tüten Reis so aufwändig über die Grenze schmuggeln???
Ach, und noch viel bemerkenswerter: Nach hm, lasst mich nachdenken, nach 3,5 Monaten, und zwar seit wir in Hue/Vietnam das schlechte und kalte Wetter überstanden hatten, haben wir alle vier zum ersten Mal unsere Pullover angehabt, da man in unserem Zug nicht wirklich glauben konnte, gerade durch die Tropen zu reisen, viel mehr lies einen die Klimaanlage denken, sich im tiefsten Winter in der Transsibirischen Eisenbahn zu befinden! So hat sich das Schleppen der Pullover doch tatsächlich gelohnt, wer hätte das noch erwartet!
In Butterworth kann man vom Zug direkt über eine Brücke zur Fähre nach Penang und Georgetown gehen, wenigstens das ist mal gut geplant! Die Fähre fuhr gleich und um 16.00 tuckerten wir gerade über die Straße von Melakka, als wir uns daran erinnerten, dass wir nun seit 24 Stunden unterwegs waren. Da in Georgetown ein sehr sonderbares Taxisystem herrscht, bei dem man anscheinend mehrere Kriterien erfüllen muss, um transporiert zu werden, die wir offensichtlich nicht erfüllten, haben wir uns an den benachbarten Busbahnhof gewandt und siehe da, geht auch. Keine Ahnung, warum uns kein Taxi fahren wollte..... Ein Hotel war schnell gefunden, wahrscheinlich wegen unserer totalen Willenlosigkeit nach der langen Reise. Ein Zimmer ohne Bad hatten wir schon lange nicht mehr akzeptiert. Aber was soll's ist wirklich nett hier, wir müssen halt nur eine leiterähnliche Treppe nach unten klettern, wenn wir aufs Klo müssen, was mit Raphael in der Nacht nicht so aufregend - oder besser zu aufregend - ist. Mindestens genauso willenlos wie bei der Zimmersuchen waren wir beim Abendessen. Das war indisch und sehr gut und danach sind wir alle nur ins Bett und einen 12stündigen komatösen Schlaf gefallen. Sandi war sogar erst nach 14 Stunden wieder zu beleben.
3. Georgetown
Wir sind so froh, dass wir gerade zwei Wochen Urlaub hinter uns haben. Das hat uns allen gut getan. Wir sind wieder aufnahmefähig und die Kinder haben gefragt, wann wir endlich die Tempel anschauen. Wir bummeln gerne durch die Stadt, neugierig und begeistert, ganz anders als wir noch vor unserer Pause gefühlt haben. Ich denke, sogar Bangkok hätte uns besser gefallen, wenn es davor mit der Pause auf Koh Mak geklappt hätte.
Georgetown ist aber auch wirklich nett. Seit 2008 eine World Heritage Site und ich finde, man sieht eigentlich gar nicht sofort warum. Aber wenn man genauer hinschaut, dann ist nicht nur die Stadt ausgesprochen nett, sondern auch das Leben darin so vielfältig wie man es eben nicht erwarten würde für ein kleines Städtchen auf so einem kleinen Inselchen. Aber so exotisch die Lage vor Malaysia in der Straße von Melakka klingt, so exotisch ist es auch. Ein Mix aus Malay (ja, auch die gibt es hier!), China, Indien und Kolonial-England.
Georgetown: eine der zu niedrigen Arkaden :)
Das ganze mischt sich hier in den Straßen, auf den Ladeninschriften, auf den Tellern, in den Gerüchen der Stadt und in den Gesichtern der Menschen. Eine Stadt, in der man in indische Tempel, christliche Kirchen, und chinesische Tempel stolpert, während der Muezzin singt. Eine Altstadt, in der ein Little India an Litte China stößt und das in Malaysia. Und Little India und Little China sind hier wirklich gelebt. Sariverkäufer, Samosas und Pakoras, die in der einen Straße gebacken werden und eine Straße weiter gibt es chinesische Nudelröllchen und rote Papierlampions. Vor dem einen Tempel brennen riesige Räucherstäbchen, nebenan strömen Frauen mit Kopftüchern in die Moschee. Und all dieses Leben spielt sich in den noch zahlreich vorhandenen Kolonialgebäuden ab. An vielen Stellen sind die alten, gemusterten Fliesenbeläge auf den Gehwegen noch vorhanden, überall gibt es kleine, offene Entwässerungskanäle (für die unsere Kinder einen sonderbaren Faible entwickelt haben. 'Ich mag die Brühe', sagt Philipp????!!!...), muss man Stufen hoch und Treppchen runter, geht man in schattigen, teils viel zu niedrigen Arkaden und kann in den Geschäften zusehen, wie Schneider an den Nähmaschinen nähen, Korbflechter Korbstühle flechten, Schlüsselmacher Schlüssel schleifen, Friseure Haare schneiden, Teeverkäufer Teepakete aufschlichten, Stoffverkäufer farbenfrohe Stoffe anpreisen und Frauen an großen Bottichen Gebäck in heißem Öl frittieren. Langweilig wird einem hier nicht, alleine das Zusehen kann einen hier den ganzen Tag unterhalten. Es ist einfach nett, nur nett und wir freuen uns auf morgen und ich kann mir gerade gar nicht vorstellen, dass wir hier nur wie geplant drei Nächte bleiben werden!

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