Phnom Penh, die Erstaunliche

Wir sind nun den vierten Tag hier und immer noch überrascht, begeistert und fragen uns hin und wieder, ob wir wirklich in Phnom Penh sind. Da aber ganz grundsätzlich unser Stadtplan mit der Wirklichkeit übereinstimmt und auch die Sehenswürdigkeiten so aussehen wie auf den Bildern, gehen wir davon aus, dass wir in Phnom Penh sind. Wir werden auch morgen noch nicht abreisen und dann fünf Nächte hier verbracht haben, wir hatten eigentlich nur an zwei oder drei gedacht. Drei nur der Kinder zuliebe.
Aber gestern haben wir einen wirklich angenehmen Ausflug zum Wat Phnom gemacht, einem Tempel auf dem einzigen Berg, äh Hügel, der Stadt. Eigentlich geht man zum Wat Phnom um für Glück und Erfolg zu beten. Im Moment ist der Tempel an sich aber eine eher staubige und geschlossene Angelegenheit in Form einer Baustelle. Der schattige Hügel, die Stupa, die man ansehen kann und die Affen, die sich um den Hügel herumdrücken, auf der Suche nach Menschen, die man ihres Proviants entledigen kann, sind aber auch schon einen Besuch wert. Am meisten fasziniert an den Affen, dass sie bei allem immer so genau wissen, wie man es auspackt. Ob Coladose oder Lotussamen, Lychee oder Wasserflasche, so ein Affe kriegt alles auf.
Oben hatten wir auch das Glück, dass ein Mann, welche Funktion er oben auf dem Hügel eigentlich hatte, wissen wir nicht, uns das Tor zur Baustelle und die Tür zum Tempel geöffnet hat. Drinnen hat man aber leider außer einer Menge in Plastikfolie eingepackter, in der Mitte zusammengestellter Buddhas, Gerüsten und einer dicken Schicht Staub wenig gesehen. Nett war es aber trotzdem, dass wir hineinschauen durften. Unten am Fuß des Hügels gab es auch einen Elefanten, welcher bei Raphael auf großes Interesse gestoßen ist. Was für eine arme Kreatur aber eigentlich! Steht da den ganzen Tag herum und wartet, dass jemand auf ihm um den Hügel reiten möchte. Man sah dem armen Tier an, dass er vom Stehen und Gehen auf dem harten Pflasterbelag ganz wunde Füße hatte. Er hat immer versucht, nicht alle Füße auf den Boden stellen zu müssen und seine Schmerzen schienen auch durch seine an Isomatten erinnernden Plastikschuhe nicht gelindert zu werden. Wir sind nicht auf ihm geritten, sondern haben ihn weiter sein Zuckerrohr in sich hineinstopfen lassen.
Vom Wat Phom ist es nur ein kurzer Spaziergang zur Riverfront, wo sich wie ein langer Park und Grünfläche mit Palmen entlangzieht und sich auf der anderen Straßenseite die Restaurants aneinanderreihen. Wäre es nur nicht so heiß, wäre es dort richtig. So haben wir geschwitzt und rumgeeiert, in welches der vielen netten Restaurants wir gehen sollen, bis ich in einer Speisekarte Baked Potatoes entdeckt habe. Die Sache war geklärt, eine Kartoffel! Woohooo! Sandi und ich haben im Moment sowas wie einen Asienessenkoller und das Wort Reis kann uns Albträume bereiten. Wie herrlich eine Kartoffel mit Baked Beans und Käse überbacken schmecken kann. Ich weiß, Ihr werdet uns alle einen Vogel zeigen aber wir haben diese Delikatesse genossen (und heute gleich nochmal gegessen...!). Vielleicht geht morgen wieder ein Kambodschanisches Essen rein. Das ist eigentlich sehr schade, denn es stehen hier immer höchst interessante Khmer-Spezielitäten auf der Speisekarte und wir können uns kaum überwinden, sie zu bestellen, weil wir einfach keinen Reis mehr sehen können. Der Reiskocher kommt nach aktuellem Stand wohl doch nicht ins Rückreisegepäck.
Nach dem Essen und einem kurzen Besuch im größten Wat der Stadt, wo wir in einer kleinen Zeremonie mit Räucherstäbchen und duftendem Wasser mal eben schnell gesegnet wurden (wir gehen aus, dass es gute Wünsche waren, die uns da mitgegeben wurden) haben sich die Jungs noch einmal die ganze Promenade entlanggeschleppt, die tapferen. Bis zum Spielplatz, da ging es dann ab. Sandi und ich haben mit Eiskaffee in der Hand zugeschaut, wie die Jungs sich verausgabt und geschwitzt haben. Was für eine sinnvolle Erfindung hier: direkt auf den Spielplatz ein Cafe zu bauen und für die Eltern Kaffe und Erfrischungsgetränke zu verkaufen! Ich hab mich auf Münchner Spielplätzen schon oft gefragt, warum man dort nur mitgebrachte Bio-Dinkelkekse oder braun angelaufene Apfelspalten verzehren kann. Hier wird alles verkauft, was die Süßwarenabteilung so hergibt und was es an pädagogisch nicht besonders wertvollem Kriegsspielzeug gibt. Man stelle sich den Aufschrei Münchner Mütter vor, wenn man auf dem Spielplatz Zuckerwatte, Eis oder blinkende Plastikpistolen zu kaufen gäbe. Man muss aber sagen, Obst und Fruchtshakes gibt es auch zu kaufen, ebenso wie leckere Snacktüten, gefüllt mit Schnecken, gerösteten Heuschrecken oder Nüssen.
An einem Abend ohne vorangegangenem Gewitter ist auf diesem Spielplatz die Hölle los, unvorstellbar, wie viele Kinder da herumturnen, krabbeln, klettern, schreien, rennen und spielen. Man weiß gar nicht, wem man da zuerst zuschauen soll und so verliert man im Getümmel schnell den Blick auf die eigenen Kinder. Da sie aber so rausleuchten, findet man sie immer schnell wieder. Heute Abend wurden wir Zeugen einer absoluten Massenflucht, als (eigentlich gar nicht so) plötzlich ein Gewitter einsetzte. Ein Südostasiengewitter. Kein Eintröpfeln, nein von null auf hundert von jetzt auf gleich und Du stehst unter der Dusche und bist nass. Der Spielplatz leerte sich in 17 Sekunden und auch wir rannten, mussten uns im Chaos aber kurz wiederfinden, da wir mit den Kindern an unterschiedlichen Spielgeräten gewesen waren. Diese wenigen Sekunden des Suchens reichten aus, die letzten auf dem Spielplatz zu sein, so schnell hatte der Regen alle Kinder und alle Eltern weggewaschen.
Nach einem langen Tag des Schwitzens war der Regen aber eine wunderbare, sehr willkommene Dusche und der Wind, der einem die dicken Tropfen auf den Rücken klatschte, war fast ein bisschen kühl.... aber wirklich nur fast. Herrlich! Und so liefen wir alle lachend durch den Regen und können immer wieder nur sagen, dass wir jetzt verstehen, wieso die Leute sich so über die Regenzeit freuen.

Heute war Phnom Penh auch wieder eine Überraschung. Zum Mittagessen, welches auch unser Frühstück war, waren wir in einer Poolbar, welche Sandi am Abend zuvor entdeckt hatte. Pool, Nachos und Eis, ein perfekter Sonntagmittag. Wer hätte in Phnom Penh eine schicke, stylische Poolbar erwartet? Als wir gingen, strömten die Familien mit Kindern herbei, witzig, abends coole Cocktails, nachmittags zugegebenermaßen sehr lautes Kindergeschrei - wobei man unsere Jungs mal in Schutz nehmen muss, sie waren nicht die lautesten. Nach dem Besuch dieser kleinen Oase verschwand dann glücklicherweise die Sonne hinter einer dicken Wolke, just in dem Moment, in dem wir die Mauern des Königlichen Palast betraten.
Auch hier im Palast waren wir sprachlos. Hinter den Mauern verbargen sich ausgedehnte Gärten mit grünen Rasen, feinst, säuberlichst zugeschnittenen Hecken, Formgehölzen, Blumenrabatten, Tempeln, Statuen, Schatten spendenden Bäumen, Palmen und blühenden Kübelpflanzen. Man kann nicht die gesamten Palastanlagen besichtigen, da ja vom König bewohnt. So mussten wir uns mit der riesigen Thronhalle und der Silberpagode zufrieden geben. Die Thronhalle war so riesig und der Thron so bombastisch, dass Raphael ihn nicht als Sitzgelegenheit wahrnehmen konnte. Er stand da und fragte immer wieder wo der Stuhl vom König denn jetzt ist. Die Silberpagoda ist eines der wenigen Gebäude, die von den Roten Khmer nicht zerstört wurde. Ein Wunder eigentlich, so besteht doch der Boden der Silberpagode aus Fliesen aus echtem Silber. Fünftausend Fliesen sollen es sein, jede 1kg wiegen. Was für ein Schatz, über den man da läuft! In der Mitte des Tempels thront ein Buddha aus Smaragd, ein hübscher kleiner grüner Buddha, auf einem goldenen Thron, hoch oben, noch bombastischer als des Königs Thron. In Vitrinen kann man sich unzählige Buddhas, Schalen, Vasen, Becher aus Silber ansehen und man kann sich nur vorstellen, wie unglaublich die Pagode innen gestrahlt haben muss, als der Boden noch nicht weitestgehend mit Teppichen abgedeckt war, die Siberfliesen poliert strahlten und all die silbernen Schätze noch nicht in Vitrinen standen sondern auf ihren eigentlichen Plätzen im Tempel.
Wir waren auf alle Fälle wieder einmal sprachlos angesichts all dieser Pracht und Ordnung.
Morgen steht die dunkle Vergangenheit Kambodschas auf dem Programm mit dem Tuol Sleng Museum, einem Museum zum Gedenken der Greueltaten der Roten Khmer... keine Angst, kein Programmpunkt für die Kinder...

Und für die Australier unter unseren Lesern:
Nein, wir kommen leider nicht. Wir haben eine Einladung für eine Hochzeit in Melbourne im Januar bekommen und werden nicht zweimal in fünf Monaten nach Australien fliegen.... aber im Januar ist's eh besser ;)

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