Geschafft! Das neue Jahr ist da!

Oh, was für ein Tag!
Neujahr in Luang Prabang ist wirklich keine Sache, die sich mal schnell nebenbei erledigen lässt. Nein, das ist ganz schön harte Arbeit!
Das ist nicht wie bei uns. Einmal kurz Fondue essen, bis Mitternacht warten, einen Sektkorken und Raketen in die Luft schießen und ein bisschen Blei gießen. Nein, nein, das ist hier eine wirklich ernst zu nehmende Sache mit erheblichen Ausmaßen.
Erster Tag der Neujahrsfeiern ist der letzte Tag des alten Jahres und da geht man wie beschrieben zum Bauen der kleinen Sandstupas auf die Mekonginsel.


Luang Pranag: Neujahrsprozession
Der zweite Tag gehört weder zum neuen noch zum alten Jahr. Man möchte sich gar nicht vorstellen, was für Pechvögel es sind, die an einem solchen Tag geboren werden, der gar nirgens hingehört. Aber wer weiß, vielleicht bringt das in Laos auch Glück. Am zweiten Tag findet außerdem die Prozession der Pi Mai Schönheitskönigin statt. Wir hatten uns zum einigermaßen sicheren Bestaunen der Prozession zum Mittagessen auf die Terrasse eines Restaurants gerettet und konnten so das Treiben bei gutem Essen, trocken und ohne Gedränge beobachten. Die Prozession war laut, bunt und?? Ja? JA! NASS! Es nahmen Männer mit bunten, fratzenartigen Drachenmasken teil, bei denen sich Raphael schnell auf meinen Schoß gerettet hat, außerdem Frauen in traditioneller Kleidung, kleine, sehr hübsche, aufwändig frisierte und geschminkte Mädchen in kleinen Lao-Röckchen, größere, ebenfalls sehr hübsche junge Damen, die eine Schirmträgerin als Begleitung mit sich geführt haben, Männer, die Tongefäße auf langen Standen transportiert haben, eine Gruppe in roten Beer Lao T-Shirts (was auch immer deren Hintergrund war), Männer mit Schlaginstrumenten aus Bambus, Mönche und Mönchsnovizen, welche ganz besonders gut gewässert wurden, die Miss Lao New Year auf einem lebensgroßen Elefanten aus Pappmaché (sah zumindest aus wie Pappmaché, war aber sicher keines, sonst wäre das Ding bei all dem Wasser ganz schön schnell in die Knie gegangen) und diverse andere Gruppen. Alle sehr, sehr nass und ich wage zu behaupten, dass es sich bei dieser Prozession um die nasseste der Welt handelt, so wie Luang Prabang in den letzten vier Tagen sicher auch den höchsten Prokopfverbrauch an Wasser hatte. Der Mekong unterhalb Luang Prabang wird wahrscheinlich nach Neujahr einen noch höheren Stand haben als am Ende der Regenzeit.
Luang Prabang,
Rinne zum Wässern des Buddhas im Tempel
Nach dem Ende der Prozession saßen wir noch eine Weile auf der Terrasse und es war nett anzusehen, dass bald die ganzen Grüppchen die Straße wieder zurück kamen (wir ziemlich am Ende der Strecke), diesmal allerdings nicht so in Reihe und Glied und so ernsthaft. So führen Mehl werfende Mönche auf einem Truck zurück und haben alle Wasserwerfen eingestäubt, die kleinen Mädchen fuhren mit ihren Mamas auf dem Moped nach Hause und die Männer in Tracht prosteten sich fröhlich mit einem kühlen Beer Lao zu.
In den Wats (Klöstern, wir nennen die mittlerweile nur noch Wat, ist irgendwie passender) kamen die Gläubigen, um mit Blüten parfümiertes Wasser über die Buddhastatuen zu gießen. Dazu gibt es lange, aus Holz gefertigte und mit Drachen verzierte Rinnen, die in etwa 2 Meter Höhe durch den Tempel verlaufen. Auf der einen Seite eine Treppe, so dass man das Wasser in die Rinnen gießen kann, auf der anderen Seite ein kleines Häuschen, in dem unter dem Ende der Rinne ein kleiner Buddha steht, der so begossen und gereinigt wird.


Der dritte Tag ist heute und der erste Tag des neuen Jahres, Neujahr quasi. Wir haben es also ins neue Jahr geschafft!
Baci Zeremonie: Pha Kwan
Ich wurde heute von einem aufgeregten Philipp aus dem Bett geschmissen. MAMA, da steht ein ganz schöner Berg vorne mit ganz viel Essen und Blumen. Der Berg heißt eigentlich Pha Kwan und ist aus Palmenblättern und Blüten gefertigt, mit kleinen weißen Bändern geschmückt und umgeben von kleinen Leckerein und viel Sticky Rice (Apropos, Sticky Rice, auch ein Thema, das noch angesprochen werden muss! Laos und Sticky Rice ist einfach eines, zusammen gehörend und nicht zu trennen)

Kurz nach Philipp kam die liebenswürdige und warmherzige Mama unserer Unterkunft, dass wir jetzt endlich kommen müssten. Es herrschte aufgeregtes Treiben, Aufbauen und Herrichten und wir wurden gebeten, uns zur Familie rund um den Pha Kwan zu setzten. Wir waren zu einer Baci Zeremonie eingeladen und hätte ich davon zuvor nicht zufällig gelesen gehabt, hätte ich mich sehr gewundert. Bei einer Baci Zeremonie werden die bösen Geister aus dem Körper entfernt und mittels kleiner Baumwollbändchen, die um die Handgelenke gebunden werden, die guten Geister an den Körper gebunden. Sicher eine sehr profane, westliche Erklärung aber für eine fundiertere fehlt uns banalen Falangs einfach der Hintergrund. Wir saßen also alle um den Pha Kwan, hielten Schnüre in der Hand, die mit dem Pha Kwan verbunden waren, während die Laoten gemeinsam sangen und wir schauten. Danach wurde begonnen, sich gegenseitig, begleitet von guten Wünschen die Bändchen an die Handgelenke zu binden. Dabei wird wohl etwas gesagt wie "raus mit dem Bösen, rein mit dem Guten", gefolgt von guten Wünschen fürs neue Jahr. Mir wurde häufig gewünscht, nach Luang Pranag zurück zu kehren und ich muss sagen, mit dem Gedanken könnte ich mich anfreunden ;)

Baci Zeremonie: Philipp wird mit Bändchen
und guten Wünschen versehen
Jetzt sitze ich hier mit 20 kleinen Bändchen um die Arme und denke, bei so vielen guten Wünschen kann ja sobald nichts schief gehen. Die Bändchen werden drei Tage an den Armen belassen und werden dann entfernt, wobei man sie nicht schneiden darf sondern aufknoten muss.
Nach der Baci Zeremonie genießt man gemeinsam ein großes Essen, denn auch das bringt Glück. Da wollten wir angesichts des reich gedenkten Tisches und dieser wunderbaren Gastfreundschaft auch nicht widersprechen. Widersprochen hätte wir gerne beim Lao Whiskey, der ein ganz fieses Zeug ist und das angeblich auch Glück bringen soll, Widerspruch war aber zwecklos und fünf Whiskey Lao und ungezählte Gläser Bier später, die unsere Mama uns nachschenkte, war sogar die Karaoke soweit unterhaltsam, dass wir zum Katzengesang in ohrenbetäubender Lautstärke fröhlich mitgetanzt haben.
(falls jemand das Bedürfnis hat, sich in Sachen Laotischer Bräuche weiter zu bilden: http://www.laoheritagefoundation.org/ceremonies/baci.jsp )

Ach, ein wunderbarer Tag, die Mama, die den ganzen Tag bis über beide Ohren gestrahlt hat, weil ihre ganze Familie da war, all das Essen, das in uns hineingestopft wurde, die Familie, die uns so fröhlich in die Runde mit aufgenommen hat, die Ausgelassenheit und diese unverdorbene, aus tiefstem Herzen kommende Freude der Laoten, gemeinsam das Neujahrsfest zu feiern und zu besingen, wunderschön.

Morgen ist im restlichen Laos Neujahr eigentlich vorbei, in Luang Prabang noch nicht, hier wird noch ein paar Tage weiter gefeiert. Morgen kommt der Phabang, der heiligste aller heiligen Buddhas und Namensgeber von Luang Prabang aus seinem Domizil im Kaiserpalast heraus und zieht für drei Tage in ein Kloster, wo man ihn ansehen und verehren kann, bevor er dann am Dienstag wieder zurück getragen wird, was die Neujahrsfeierlichkeiten dann auch in Luang Prabang beendet.
Morgen also früh aufstehen und den Auszug des Phabang ansehen!
Wir berichten davon!

SABAIDEE PI MAI LAO!


Luang Prabag: Schatten fast weg!
Und was gar nichts mit Neujahr zu tun hat, obwohl ein bisschen sogar schon, denn Neujahr findet statt am Ende der Trockenzeit und bedeutet den Beginn der Regenzeit, was ja sonnenstandsbedingt ist: Unsere Schatten sind weg! Fast zumindest! Fast steht die Sonne senkrecht, ein Phänomen, das man in Deutschland eher selten beobachten kann ;)



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