Inselleben

Nun sind wir also schon drei Tage auf Don Khone. So eine Insel von
viertausend kann sehr nett sein und hier ist, wenn man es genau
ausdrücken möchte der Hund sowas von begraben, dass man schon fast
vergisst, dass es auf dieser Welt Schaufenster, Autobahnen,
Fußgängerampeln und Supermarktkassen gibt. Ein Don Khoner an einem
heißen Sommertag am Starnberger See oder im Berufsverkehr auf dem
Mittleren Ring, oh mein Gott der Arme. Ich schätze, soviel Stress wie
ein ganz gewöhnlicher Bezahlvorgang bei Aldi mit zwei Kleinkindern
durchschnittlich bedeutet, hat ein Bewohner der Viertausendinseln in
seinem gesamten Leben noch nicht erlebt, auch nicht, wenn man den
Gesamtlebensstress addiert. Und das ist auch gut so.

Andererseits bekommen wir beim Gedanken, ein Don Khoner Restaurant
aufsuchen zu müssen Scheißperlen auf der Stirn und das liegt nicht nur
an den Temperaturen hier. Nein, insbesondere bei Sandi steigen der Puls
und der Blutdruck, wenn das Wort 'Restaurant' fällt. 'Essen gehen' hat
eine ähliche Wirkung. Das liegt daran, dass ein Restaurantbesuch in Don
Khone nicht immer so läuft, wie man es sich idealerweise vorstellen
würde, was wiederum daran liegt, das ein Don Khoner sich eben nicht
stessen lässt. Genau gesagt ist noch kein Restaurantbesuch auf dieser
Insel so gelaufen, wie wir es uns gewünscht hätten. Entweder werden
Speisen vergessen, natürlich immer die der Kinder, so dass die Kinder
ungeduldig und hungrig im Restaurant umhertollen, was man ihnen auch
irgendwann nicht mehr verübeln kann. Oder Speisen sind schlicht
ungenießbar. Gestern hatten wir für Philipp Mashed Potatoes (weil er
sich so gefreut hatte, mal was anderes zu bekommen als Chicken Fried
Rice) bestellt, nicht ahnend, was man mit Kartoffen anstellen konnte, um
sie dann als Mashed zu bezeichnen. Es waren wohl rohe, in der
Küchenmaschine pürierte und anschließend halb erwärmte Kartoffeln, was
wir dann als ungenießbar in die Küche zurück gebracht haben. Und wieder
ein armer, hungriger Philipp, der dann allerdings mein Essen bekommen
hat.... arme Antonia. Aber zum Glück haben wir immer eine Notration
Instant Noodles dabei... oh weh, die gehen bald zu Ende... Naja, oder
ein Essen dauert mal eben 1,5 Stunden für eine Nudelsuppe, wieder mit
dem Resultat umhertollender, lauter, hungriger Kinder. Oder es dauert
ewig und ist ungenießbar. Das beste war bisher das gekochte Ei, das wir
dann nach einer Stunde Wartezeit abbestellt haben, nachdem wir gesehen
haben was für ein Resultat nach einer Stunde bei der Bestellung eines
Rühreis herausgekommen war.... Ein Ei, das man eine Stunde in die Sonne
stellt wäre vermutlich mehr gar gewesen.
Heute Abend hatten wir keine Lust auf irgendwelche Experimente und haben
unseren Trumpf aus dem Rucksack geholt: ein Glas Barilla Nudelsoße! Hah,
dachten wir, Abendessen gerettet. Sandi ist losgezogen, eine Packung
gekochter Nudeln zu bestellen. Nudeln. Eine Packung. Ohne Soße. Eine
Packung. Nudeln. Keine Soße. Eine Packung Nudeln ohne Soße. Ohne alles.
Keine Soße. Nur Nudeln. Eine Packung.... gekocht! Und was war fertig,
als Sandi es abholen wollte: zwei kleine Portionen Nudeln mit Soße!
Jaaaa! Genau was wir bestellt hatten: eine Packung Nudeln ohne Soße...

Aber wir wollen uns nicht ärgern lassen, denn bis auf die Essensituation
ist hier alles sehr schön. Der Mekong ist hier so schön quirlig und sein
Anblick ist schon ein klein wenig erfrischend, ein Bad in ihm wundervoll.
Gestern haben wir uns Fahrräder gemietet und sind zu den Wasserfällen
gefahren. Sehr nette Wasserfälle und mit Sicherheit sehr beeindruckend,
wenn man zur Regenzeit hier ist und der Fluss durch all die Felsspalten
und über all die Stufen donnert. Wasserfälle sind im breiten,
gemächlichen Mekong etwas sehr seltenes und die Franzosen haben sich
damals wohl sehr geärgert auf ihrer Erforschung des Mekong auf seine
Schiffbarkeit hin. Die Fälle stellen wirklich das einzige Hindernis dar,
das damals der Nutzung des Mekong als Handelsweg von Vietnam nach China
im Weg gestanden hat. So baute man damals über das kleine Don Khone eine
kleine Eisenbahnlinie, um die Fälle zu umgehen. Die einzige
Eisenbahnlinie, die jemals in Laos bestanden hat. Ein Relikt in Form
einer kleinen, verrosteten Dampflokomotive haben wir natürlich schon
angesehen und genau analysiert.
Nach dem Besuch der Wasserfälle haben wir auf Umwegen doch auch
tatsächlich noch eine Badestelle für die Kinder gefunden. In der Nähe
der Fälle lässt sich aufgrund der starken Strömungen nicht schwimmen und
ohnehin sind die Inseln hier nicht so reich gesegnet mit kleinen
Stränden und Sandbänken, wie es die Ufer am Nam Ou und anderswo am
Mekong gewesen waren. Aber wir haben einen perfekten kleinen Strand
gefunden, mit einer kleinen vorgelagerten Felseninsel mit kleinem
Strand, einer tiefen Stelle zum Inswasserspringen, einer flachen Stelle
für die Kinder zum Baden und am späteren Nachmittag sogar Schatten. Im
Wasser kann man sich stundenlang aufhalten, denn die Wassertemperatur
liegt um die 30 Grad. Praktischerweise liegen als Sitzgelegenheit
wunderbar geeignete Felsen im Wasser. Am Strand gibt es sogar noch zwei
kleine Restaurants (die wir noch nicht getestet haben) oder Bars und das
ganze schlappe zehn Fahrradminuten entfernt, was will man also mehr?
Wenn man ganz goßes Glück hat, kann man an der Stelle sogar die
seltenen, akut vom Aussterben bedrohten Irrawaddy-Delfine beobachten.
Aber soviel unverschämtes Glück hatten wir bisher noch nicht, vielleich
morgen. Morgen unser einziger Programmpunkt Baden, Raphael braucht
dringend einen Tag Entspannung.

So, ich mach mir jetzt noch einen Noodlesnack und genieße das Anrücken
eines großen Gewitters wie es mir scheint!

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