Große Sprünge

Huiuiui, wie die Zeit vergeht.
Wir hatten die letzten Tage unser Reisetempo zwischenzeitlich etwas erhöht und für unsere Verhältnisse richtig große Sprünge gemacht. Wir hatten kein Internet gehabt, so dass es viel zu berichten gibt.

1. Luang Prabang
Unser letzter Tag in Luang Prabang. Wir waren alle ein bisschen traurig, denn Luang Prabang hatte uns wirklich gut gefallen. Es gibt Momente und Orte, da passt alles und in Luang Prabang war es so gewesen. Unser schönes Guesthouse, unsere liebe Guesthouse-Mama, das Neujahrsfest und die Stadt, alles perfekt. Lediglich so um die 10 Grad kühler hätte es sein können aber ich schätze, dann wäre das Neujahrsfest nicht so lustig gewesen, weil man dann die kalten Güsse nicht so genossen hätte. Aber wir haben festgestellt, dass man auch bei dauerhaft an die 40 Grad überleben kann und so freut man sich über jedes Gewitter umso mehr und kann durchaus nachvollziehen, warum die Leute mit so einem großen und ausgelassenen Fest das Ende der heißen Trockenzeit feiern.
An Morgen unseres letzten Tages sind wir flink aufgestanden, haben uns noch flinker fertig gemacht und sind oberflink zum Nationalmuseum und dem ehemaligen Kaiserpalast geflitzt, denn dort sollte die Prozession
stattfinden, mit der der kleine Phanang aus seinem pompösen Zuhause für drei Tage in eine weniger pompöse, temporäre Unterkunft im benachbarten Wat umzieht, wo die Gläubigen ihn mit Wasser bergießen, ihm Blumen bringen und zu ihm beten können. Ein wirklich hübscher kleiner Buddha ist er, der Phabang, auch wenn man ihn als Laie kaum als heiliger einstufen würde als die anderen zahlreichen Buddhas. Die Prozession war sehr feierlich und so gingen dem Phabang, welcher auf einem riesigen, sehr goldenen Wagen mit sehr riesigen, goldenen Rädern geschoben wurde, in rot und grün gekleidete Männer voraus, welche auf sehr interessanten Schlaginstrumenten sehr interessante, fast meditative Klänge produziert haben, gefolgt von einer großen Gruppe Mönche und Novizen, wiederum gefolgt von Männer in lustigen Puff-Hosen, die (die Männer, nicht die Puff-Hosen) auf großen Muscheln mit silbernen Mundstücken gespielt haben, dann gefolgt von Männern mit aufwändigen Blumengestecken und schließlich endlich der Phanag auf seinem Wagen, hinter dem viele Gläubige mit wunderschönen Blumen hergegangen sind. Als der Phabang dann in seiner provisorischen Unterkunft angekommen war und all die Gläubigen anfingen zu beten, dachten wir, es wäre an der Zeit zu gehen. Eine sehr schöne, kleine und stille Prozession und so ganz anders als die laute und nasse Parade zwei Tage zuvor gewesen war.
Nach dem Phabang stand noch etwas anderes auf dem Programm. Nachdem Raphaels Zeh soweit eigentlich sehr gut ausgesehen hatte und Raphael auch über keine Schmerzen mehr geklagt hatte, waren wir sehr (!!!!!!!!) erstaunt, als die Kruste abgegangen war, zu entdecken, dass der gesamte große Splitter noch unter dem Zehnagel steckte. Am ersten Tag hatte man vor lauter Kruste nichts gesehen, am zweiten Tage hatte ich mich beim Pflasterwechsel gewundert, was man da sieht, es aber auf die Jodsalbe und eine Kruste geschoben, denn der Gedanke, dass dieses gesamte Teil noch drin stecken könnte erschien ja sowas von absurd. Am dritten Tag habe ich meinen absurden Gedanken mit Sandi geteilt und obwohl wir es immer noch nicht glauben konnten, sind wir zum Ergebnis gekommen, dass der Arzt (!!!!!!!!, den man mit dieser Bezeichnung wohl nicht versehen kann) den Zeh betäubt hatte, den Nagel aufgeschnitten hatte und den
Grund für das ganze Spektakel nicht entfernt hatte! Wir waren absolut sprachlos und nach einer vergeblichen Suche nach einer besseren Lösung sind wir nochmal zum Krankenhaus, wo uns zwei Schweizer
Krankenschwestern moralisch zur Seite gestanden haben, während ein anderer Arzt (und ob der die Bezeichnung verdient, bin ich mir auch sehr unsicher!) den Bambus endlich rausgeholt hat! Hätte Raphael keine Antibiotika bekommen, wäre es sicher zu einer ausgewachsenen Entzündung gekommen. Armes Kerlchen! Und was für ein Glück für den ersten Arzt, dass er beim zweiten Mal nicht da war, denn dann hätte er sich seinen eigenen Kopf wieder annähen müssen....
Naja, da dank des zweiten Krankenhausbesuchs und des frisch operierten Zehs unser Ausflugsziel zum Baden an die Wasserfälle hinfällig geworden war, durften die Kinder den restlichen Nachmittag mit Bjarne und Jonas spielen, zwei Jungs aus Bad Segeberg, die mit ihren Eltern acht Monate auf Weltreise sind und welche die vergangenen fast zwei Wochen ein sehr ähnliches Programm gehabt hatten und in Luang Prabang beide Male im gleichen Guesthouse wie wir gewohnt hatten.


Flug Luang Prabang - Pakse!
Was für Beinfreiheit!
2. Pakse und Champasak
Abschied von Luang Prabang. Unsere Guesthouse-Mama, hat in der Früh erstmal mit Schrecken festgestellt, dass sie für die Kinder keinen Sticky Rice hat. Das mit dem Sticky Rice in der Früh war schon fast zu
einer Art Ritual geworden und Raphael war in der Früh immer als erstes zur Mama gerannt, um sich einen ordentlichen Knödel Sticky Rice zu holen. Also hat die Mama ihre Tochter schnell losgeschickt, welche mit einem halben Kilo (Sticky Rice wird immer im halben oder ganzen Kilo verkauft, kleinere Verkaufsmengen gibt es nicht) zurückkam als Proviant für die weite Reise.Die Jungs waren schon ganz aufgeregt angesichts unserer Flugreise! Juhu! Wie schnell man doch selbst in Laos reisen kann! Der Flug hat uns mindestens 4 sehr lange, stressige Bustage erspart. Und der Flughafen, hach, so süß! Ich weiß, ich weiß, europäische oder amerikanische Maßstäbe kann man hier nicht ansetzen aber es ist sehr verlockend und die Vorstellung, dass dieses süße, kleine Flughäfchen das zweitgrößte des Landes ist, bringt einen doch zum Schmunzeln. Immerhin aber gibt es zwei Gates. National und International. Passkontrollen gibt es interessanterweise vor beiden und dienen wie ich ergründen konnten eher dem Zählen der Passagiere als der Kontrolle der Papiere. Die einzige Toilette des Flughafens befindet sich für alle (also Abholer, Hinbringer, Eincheckende, Ankommende, aufs Gepäck und hinter der Sicherheitskontrolle aufs Boarding Wartende) in der einen Haupthalle. Sprich, nach der Sciherheitskontrolle geht man wieder hinaus und wird dann auf der Toilette mittels eines Schildes darauf hingewiesen, doch bitte so freundlich zu sein, nach dem Toilettenbesuch die Taschen nochmals checken zu lassen. Bei der Sicherheitskontrolle aber haben sie sogar mein versehentlich mitgenommendes Taschenmesser entdeckt! Heija! Wer hätte das gedacht! Aber kein Problem. Taschenmesser raus nehmen, kurz um die Ecke gehen
und ins aufs Verladen wartende Gepäck stecken. Und dann nochmal durch die Kontrolle... oder nicht oder doch? Ach egal! Der Flug ging problemlos aber war leider zu diesig, denn die Landschaft wäre sicher spektakulär gewesen. Naja, nächstes Mal! Ansonsten haben wir das hervorragende Schinkensandwich und die großzügige Beinfreiheit in der ersten Reihe genossen (siehe Bild).
In Pakse angekommen war der Flughafen nicht unbedingt gerade größer, was aber durchaus Vorteile hat, denn auch das Gepäck hat keine weiten Wege und ist schnell da. Mit den Tuktuk in die Stadt, in ein Songtheo (eine Art Riesentuktuk) umgestiegen, auf weitere Fahrgäste gewartet (denn so ein Songtheo fährt erst dann, wenn es voll ist und nimmt dafür auch gerne eine etwas längere Wartezeit in Kauf) und dann endlich los. Raphael fing fürchterlich an zu weinen angesichts der grässlich heißen Fahrt und der für ihn unheimlichen, älteren Damen, die nach einem Marktbesuch nach Hause fuhren, auf dem Markt auch das ein oder andere Schnäpslein getrunken zu haben schienen und kurz nach Fahrtbeginn anfingen lauthals zu singen. Raphael schrie mit ICH WILL NACH HAUSE!!! Nach München? fragte ich. NEIN! ICH WILL NACH LUANG PRABANG! NACH HAUSEEEEE!!! So gut hatte es dem kleinen Kerlchen gefallen, dass er
Luang Prabang schon als Zuhause bezeichnet.
Das mit der Hitze auf der Fahrt zumindest hatte sich dann schnell erledigt und auch das mit dem Singen. Ein Gewitter zog auf, das für uns Mitteleuropäer ganz neue Maßstäbe setzte und wir wurden belehrt, dass ein Sommergewitter im Voralpenlad nichts weiter ist als ein bisschen Sprühregen im Vergleich zu dem, was über uns hereinbrach. Wir saßen ja wohlgemerkt hinten in einem Gefährt, das zwar ein Dach hat aber keine
geschlossenen Seitenwände. Es gibt zwar ein paar Planen, die man herunterlassen und dann unten nirgens befestigen kann, so dass über diese Art des Regenschutzes sogar bei einem stehenden Fahrzeug ein
Sommergewitter im Voralpenland lächeln würde. Ein laotisches Gewitter bei einem sich ziemlich schnell bewegenden Fahrzeug lächelt nicht, es peitscht die Planen nach oben und die Wasserwand zu den Pasagieren hinein. Alle Passagiere bemüht, die Planen herunter zu halten aber das laotische Gewitter kommt trotzdem herein. Wenigstens hatten die singenden Damen so auch etwas zu tun und hörten auf mit singen. Aber unser Dodo war der einzige, den das Gewitter nicht die Bohne interessiert hat, er lag auf meinem Schoß und hat geschlafen, während eine Wasserwand nach der anderen über uns hinweg gerollt ist.
Gefühlte 2 Stunden später und 20 Grad kühler waren wir in Champasak, einem Ort, der hmm, was soll man drüber schreiben... hmmm, etwas nichtssagend ist. Die Häuser reihen sich an einer Hauptstraße (der einzigen Straße? Wir haben keine andre gesehen) entlang des Mekong auf und hmmm, was kann man mehr darüber sagen??? Nicht viel, außer, dass wir in einem fürchterlich dreckigen Guesthouse waren und für die zweite
Nacht tatsächlich in ein anderes Guesthouse umgezogen sind, dass Raphael in dem dreckigen Guesthouse wenigstens einmal die Handtücher vollgekotzt hat, dass wir am zweiten Abend in einem wirklich fast richtig
italienischen Restaurant durchaus akzeptable Gnocchi gegessen haben, dass es noch ein Gewitter gab, das so sagenhaft war, wir aber diesmal im Trockenen zusehen konnten, wie wir fast nichts mehr sehen konnten und
das andere Ufer des Mekong hinter einer Wasserwand verschwand. Aber Champasak war auch nicht der Grund, warum wir nach Champasak gekommen waren, nein, oh nein! Wat Phu war der Grund. Wat Phu, eine weitere Weltkulturerbe-Stätte, eine uralte Tempelanlage der Khmer (die, die auch Angkor Wat gebaut haben). Irgendwie war gestern nicht unser Tag gewesen und zunächst schien es im Wat Phu so weiterzugehen, denn erst fragten wir uns schon ein bisschen, ob das jetzt alles wäre und ob das wirklich
sooo besonders wäre, dass man es gleich zum Weltkulturerbe ernennen muss. Aber je höher wir die Stufen des Berges erklommen, desto besser gefiel uns die Szenerie und ganz oben waren wir dann durchaus
überwältigt vom Blick zurück über die Tempelanlagen und die weiten Mekongebenen bis hin zum Mekong selbst. Außerdem oben ein Tempel unter großen, dicht dunkelgrünen Bäumen, die den tiefsten Schatten warfen, ein Elefanten- und ein Krokodilsfelsen, eine Quelle in den Felsen und eine fast mystische Stimmung dort oben. Wir waren sehr, sehr angetan von der Schönheit des Ortes, den alten Khmer-Reliefs und ihrer scheinbar unendlichen Haltbarkeit sowie von all den weiß-gelben Frangipani-Blüten, die von den Bäumen auf die dunklen Steine der Wege und Mauern herabfielen, um dort in einem strahlenden Konstrast zu leuchten. Philipp und Raphael waren begeistert vom Abenteuer, die steilen, ungleichmäßigen Treppen hinauf- und wieder hinunter zu klettern, in Hausruinen ohne Dächer zu stehen und in einem Gebäude doch noch eine Tür zu entdecken!
So hat sich also auch unser Zwischenstop in Champasak doch noch gelohnt. Oder hätte er sich für die Gnocchi schon genug gelohnt gehabt?

3. Don Khone, Four Thousand Islands oder Siphandon
Ja, da sind wir jetzt. Heute nach einer Bootsfahrt, Busfahrt und wieder Bootsfahrt sowie Sandis Aufruhr bei der örtlichen Bootsmafia angekommen. Viertausend Inseln, das klingt nach ner Menge. Ner Menge Inseln in einem einzigen Fluss! Noch haben wir sie auch nicht gezählt und befinden uns auf Don Khone, von dem wir noch nicht sehr viel gesehen haben und dann berichten werden, wenn wir mehr gesehen haben als die Kühe, die einem beim Mittagessen zuschauen und an deren Trinkstelle die Männer heute baden waren (Philipp, war das eine schöne Badestelle, die der Papa für Euch gefunden hat? Mama, das war keine Badestelle, das war mehr eine Kuhstelle!)
Ach, der Mekong, wir werden ihn vermissen, wenn wir ihm nach unserem Aufenthalt hier für ne ganze Weile auf Wiedersehen sagen werden, bis wir ihn dann in Vietnam in seinem Mündungsdelta wieder treffen werden. Komisch, man liest vom Mekong ja immer eher wie von einem vertrauten Menschen oder einem guten Freund und ich wusste immer gar nicht so recht was damit anzufangen, wenn ein Fluss so vermenschlicht und verehrt wird. Jetzt kann ich es verstehen. Er ist ein unglaublicher Quell des Lebens und wirkt so geduldig, sanft und ursprünglich und lässt Meter für Meter seines Laufes mit sich machen, was die Menschen ihm abverlangen müssen um zu leben. Der Mekong, einer der letzten nahezu ungezähmten großen Flüsse, wobei sich auch das ändern soll, denn einige große Bauprojekte für Wasserkraftwerke sind schon in der Planung und es tut einem in der Seele weh, wenn man sich vorstellt, dass dieser gute, geduldige und vertraute Freund auch das mit sich wird machen lassen müssen....

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