Autofreie Tage

Wir melden uns aus Muang Ngoi, liegen in einer Hängematte auf unserer Terrasse und haben bis gerade eben dem Regen zugehört, der auf unser Dach und die Blätter der Bananenpalmen geprasselt hat. Regen hat hier in dieser Hitze wirklich etwas Befreiendes und Reinigendes.

Nachdem wir nur eine Nacht in Nong Kiew geblieben waren, hauptsächlich, weil unser Bungalow nur für eine Nacht zu haben war und wir nicht nochmal innerhalb es Ortes umziehen wollten, sind wir nach einer diesmal kürzeren Bootsfahrt von nur etwas über einer Stunde in Muang Ngoi angekommen. Diesmal war das Erlebnis Bootsfahrt auf dem Nam Ou allerdings eine weniger idyllische als am Tag zuvor, an dem wir uns das Boot mit nur vier weiteren Personen geteilt hatten und die Dauer der Fahrt, die Leiden aufgrund der wenig popofreundlichen Bestuhlung, die gemeinsamen auf einer Sandbak angehaltenen, nicht für die höchste Privatssphäre garantierenden Pieselpausen und das Unvorbereitetsein der Passagiere auf eine Fahrt ohne jegliche Mittagspause und dem daraus resultierenden Teilen sämtlicher Vorräte zu einer Art Gemeinschaftsgefühl geführt hat, wie es sonst wahrscheinlich nur bei gemeinsam im Schneesturm in einem Biwak Festsitzenden vorkommt. Die Fahrt hierher also in einem Boot, das kaum größer was als das am Tag zuvor, diesmal jedoch noch unbequemere Holzbänke mit einer Tiefe von ca. 4,7cm, auf denen nicht einmal der kleinste asiatische Popo bequem Platz finden kann, und eine Reisegesellschaft von ca. 30 Leuten. Der Tiefgang des Bootes beträchtlich, die Stimmung der Gesellschaft stark beeinträchtigt und die Fahrt mit Sicherheit sehr schön, nur angesichts des überfüllten Bootes und Philipps Schwimmflügeln in meinem Gesicht die Landschaft kaum zu bewundern. Wir waren auf alle Fälle froh, als wir angekommen waren.
Muang Ngoi ist ein Ort, der nur per Boot erreichbar ist. Das hat den Nachteil, dass man sich eineinviertel Stunden auf die schmalen Bänke (das Wort Bank ist hier eigentlich total fehl am Platze) quetschen muss, aber auch den Vorteil, dass es hier keine Autos, keine Tuktuks, keine Mopeds und keine Busse gibt. Keine Mopeds in Südostasien? Ja, das ist sonderbar und es fühlt sich gleich ganz wunderbar an. Und hört sich noch viel besser an. Denn: den ganzen Tag keine Motorengeräusche, der einzige Motor, dessen Wumern am Tag etwa drei Stunden durch den Ort dringt, sind die des Generators, der den Ort von Sonnenuntergang etwa drei Stunden lang mit Strom versorgt. Richtigen Strom sogar, an den man sogar unserern Computer anschließen kann, wir hatten ja befürchtet, damit das Netz zu überlasten und den ganzen Ort schlagartig zu verdunkeln. Aber nichts ist passiert und unser Akku ist bei stolzen 95%.
Ja, und was kann man hier machen? Viel nicht aber doch ein bisschen und wir haben uns soweit noch nicht gelangweilt.
Muang Ngoi: geröstete Flussalgen
Meine Lieblingsbeschäftigung wäre das Essen der gerösteten Flussalgen. Philipp und Raphael sind von den Algenchips wie wir sie nennen auch hellauf begeistert. Es handelt sich dabei um in Fett geröstete und mit Sesam gewürzte Algen aus dem Fluss, eine Spezialität, die nur in der Trockenzeit zu bekommen ist. Ich ärger mich auch, dass ich sie heute Abend nicht nochmal bestellt habe. Nicht dass die Regenzeit zu schnell kommt....
Raphaels Lieblingsbeschäftigung ist das Spielen im Sand auf einer Sandinsel des Flusses. Dabei schiebt er stundenlang seine kleinen Corcs durch den Sand und füllt sich wahlweise mit trockenem Sand oder mit Sandmatsch, um sie dann an anderer Stelle wieder zu leeren.

Muang Ngoi: mutige Höhlenforscher
 Philipp. der Höhlenforscher ist mit seiner Stirnlampe wieder voll auf seine Kosten gekommen bei einer ich nenne es mal Wanderung (Wanderung war es mal wieder nur für uns, jeder andere würde es einen kurzen Spaziergang nennen) zu einer Höhle. Wobei die Höhle, als wir sie mal erklommen hatten, worauf Raphael heute so gar keine Lust hatte, wirklich toll war. Raphael und ich haben uns ja erst nicht reingetraut, weil es da drin ja so dunkel war (so dunkel es eben in einem Raum ohne Licht ist, ziemlich dunkel also) aber Sandi konnte uns überzeugen und so sind wir ein gutes Stück in die Höhle gelaufen und konnten mit unseren Stirnlämpchen nur erahnen, wie riesig und prachtvoll die Räume sind. Riesige Tropfsteine haben wir gesehen, oft die Decken der Höhlen nicht, so dass wir wirklich nur schätzen konnten, in was für riesigen Räumen wir da standen. Da wir es mit den Kindern nicht übertreiben wollten, sind wir leider viel zu früh wieder umgekehrt und haben uns dieses eine Mal fast geärgert, keinen Guide genommen zu haben, der uns mit einer vernünftigen Taschenlampe und Ortskenntnissen weiter hinein geführt hat. So haben wir uns mit dem begnügt, was wir gesehen hatten und uns an den steilen Abstieg mit unserem Raphael-Böckchen gemacht, der ein bisschen grummelig war, dass wir nicht erst an den Strand gegangen sind.
Muang Ngoi: Keine Chance für uns auf die
Hängematte!
Und Sandis Lieblingsbeschäftigung? Lange schlafen (sagt er). Am allerliebsten (sag ich) wäre er aber in einer unserer beiden Hängematten gelegen und hätte auf den Fluss geschaut. Leider ging das aber nicht, weil erstens die Jungs einen immer aus den Hängematten rausschmeißen und sich flink selber reinschmeißrn und zweitens Sandis Beine zu lang und zu ungelenkig sind, so dass er irgendwie nicht reinpasst.
Ansonsten bin ich hier hauptsächlich fasziniert, was man nicht alles aus Bambus bauen kann: Hütten (na klar, Bambushütten halt), Dächer, Stege, Geländer, Bänke, Tische, Betten, Stühle, Matten, Brücken, Stufen, Baustellengerüste, Fensterrahmen, Pontons als Schiffsanleger, Boote, Floße, Wanderstöcke, Besenstile, Zäune, Hühnerkäfige, Schweineställe, Wäscheständer, Rankgerüste und sicher noch eintausenundzwölf weitere Einsatzbereiche, die mir gerade nicht einfallen. Und das beste: Man kann ihn essen! Wenn man bei uns Bambus beim Chinesen bestellt, dann kommen die ja aus der Dose und werden eher spärlich unters Essen gemischt. Und hier ein ganzer Teller voll damit. Köstlich! Noch ein paar Tage hier mit nur Bambus und Algen und ich wäre durchaus zufrieden, auch wenn das nach reichlich sonderbarer Kost klingt.

Morgen werden wir aber wohl aufbrechen, da wir übermorgen in Luang Prabang zurück sein möchten aber auch in Nong Kiaw gibt es Bambus und Algen... und wir werden wieder in einer Bambushütte einziehen, nachdem wir hier in banalem Tropenholz wohnen!

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