Wasserpuppentheater

Gestern war ein wunderschöner Tag in Hanoi.
Die Sonne schien, es waren angenehme Temperaturen um die 24 Grad, ein leichtes Lüftchen ging und es war Sonntag, so dass man sich zumindest einbilden konnte, dass alles etwas gemächlicher war.
Wir hatten ja die Karten für das Puppentheater und haben das nichtmal vergessen. Man weiß ja nie, ob man das mit den Tagen auf die Reihe kriegt, wenn man die Karten schon drei Tage vorher kauft. Aber anscheinden haben wir noch nicht das zeitlose Stadium erreicht, das man auf einer Reise irgendwann erreicht. Noch wissen wir, welcher Tag und welches Datum ist.
Wasserpuppentheater
Vor dem Besuch des Puppentheaters sind wir zum Mittagessen in ein Restaurant gegangen, an dem wir schon ein paarmal vorbeigegangen waren und dessen Garten so einladend aussah. Das Essen war hervorragend und das Atmosphäre in dem ruhigen Garten sehr entspannt.... bis wir dann auf die Uhr gesehen haben, denn so ganz hatten wir es mit der Zeit wohl noch nicht auf die Reihe gekriegt. Also schnell bezahlen und losrennen, zum Glück war es nicht weit, wir hatten aber ja auch nur 10 Minuten Zeit bis zum Beginn der Vorstellung. Wir hatten die Mittelplätze in unserer Reihe und wie es so ist, kommt man auf den Mittelplätzen nunmal als letztes. Ächzen und Stöhnen ging durch die Reihe, als wir uns mit den Jungs durchgequetscht haben und die nette Dame neben uns meinte nur "oh nein, zwei Kinder, die werden die ganze Zeit quatschen..." Das war wohl bevor sie bemerkt hat, dass wir auch deutsch sind und sie sehr gut verstehen. Oder vielleicht auch nicht.. Die Kinder waren von der Vorstellung allerdings hin und weg, besonders Philipp, der danach meinte, er würde am liebsten die nächste Vorstellung auch gleich noch
Wasserpuppenspieler nach der Vorstellung
anschauen. Was ein Wasserpuppentheater ist, kann man sich eigentlich nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst mal gesehen hat. Zum einen gibt es wunderbare traditionelle Musik, ganz sonderbare Klänge für unsere Ohren, aber sehr schön. Raphael war restlos gebannt, als die Musik losging und hat auf meinem Schoß mitgetanzt. Zum anderen dann die wundervollen, bunten Puppen in Gestalt von Menschen, Drachen, Pferden oder Ochsen. Die Bühne ist ein großes Wasserbecken. In diesem stehen hinter einem Vorhang die Puppenspieler, die an langen Stangen und mit Schnüren die Puppen auf dem Wasser in Bewegung versetzen. Es waren so etwa 7 Szenen, denen man auch ohne Kenntnis der dazugehörigen Sagen gut folgen konnte. Die Bühne und die Puppen in all den prächtigen Farben an sich sind schon ein Kunstwerk, wenn dann die Musik und die Bewegung dazukommen ist es absolut bezaubernd.

Hoan Kiem See und Schildkrötenpagode
Das Puppentheater liegt direkt am Hoan Kiem See, dem zentralsten der Hanoier Seen. Wir haben es den vielen Hanoiern gleich getan und sind einmal rund um den See spazieren gegangen. Da gab es ein Eis für jeden und eine Extraportion für Raphaels Klamotten, die danach aussahen wie in Schokoladensoße gebadet. Aber was soll's. Wir haben ja eine Waschmaschine dabei und können immer überall so gut und einfach waschen. Am See gab es die üblichen Fans, besonders gefreut und die beiden Glücksbringer haben sich die zahlreichen Brautpaare, die dort unterwegs waren. Man scheint in Hanoi an einem Sonntag zu heiraten und dann sein Brautkleid durch das Gedränge an den See zu zerren, um sich dort ablichten zu lassen. Der Bräutigam ist irgendwie auch dabei, scheint aber im Vergleich zum Kleid eine deutlich untergeordnete Rolle zu spielen.
Wir sind also in üblicher Manier begleitet von lautem Tuten, Dampflokgeräuschen und Freudensschreien der Fans um den See gedampft und wollten auf dem Rückweg noch kurz in die Kathedrale schauen. Raphael lag uns seit Tagen in den Ohren, dass er mal in die große Kirche gehen möchte, die große Kirche hat aber nur sonntags zu Messe regulär geöffnet. Und gestern war dann endlich Sonntag und die Kirche offen. Es war ein ganz komisches Gefühl, seine katholische Kirche in Hanoi zu betreten. Es sah alles so normal aus. Wie bei uns. Bis auf die riesigen Stapel Plastikhocker, die in den Ecken standen. Vietnamesen könnten ohne solche Hocker gar nicht existieren wie es scheint. Immer und überall sitzt man auf Plastikhockern. Warum also nicht auch in der Kirche? Normale Kirchenbänke gab es auch und wofür die Hocker waren, das haben wir später herausgefunden. Wir haben also die Kirche besichtigt, das Jesuskindlein angesehen und Maria und wollten dann nur noch einmal um die Kirche herum gehen, als wir ein nettes kleines Plätzchen zum Hinsetzen entdeckt haben. Dort gab es ein kleines Picknick und die Kinder haben gespielt und es kamen mehr und mehr Leute und es herrschte eine wunderschöne festliche Stimmung um die Kirche herum. Irgendwann meinte Philipp dann, wann denn endlich die Messe anfängt, in die wolle er gehen. Gesagt, getan, so waren wir in der Sonntagabendmesse in Hanoi. Die Kirche gesteckt voll mit Übertragungen der Messe nach draußen auf Leinwände, wo die Leute zu hunderten auf besagten Hockern saßen, um draußen am Gottesdienst teilzunehmen. Aber ich muss sagen, das war ein Erlebnis. Die Gemeinde hat mit Inbrunst mitgesungen, der Gottesdienst wurde mit großer Anteilnahme gefeiert  und war festlicher als ich es je an einem Heilig Abend in einer deutschen Kirche erlebt habe. Das war ein großes gemeinsames Fest, keine Pflicht, die da irgendjemand erfüllt hat. Danach ist allerdings ein Verkahrschaos um die Kirche ausgebrochen, weil all diese unzähligen Mopeds gleichzeitig diesen Platz verlassen wollten. Zu Fuß konnte man dann nur noch entkommen, in dem man sich todesmutig und sehr bestimmt der Kolonne von Mopeds in den Weg geworfen hat und den nicht endenden Strom von Knattermaschinen kurz unterbrochen hat.

Abends beim Einschlafen meinte Sandi " Das war der schönste Tag, den wir auf unserer Reise bis jetzt hatten". Mit all der schönen Musik im Theater und in der Kirche, dem strahlenden Sonnenschein und dieser festlichen Sonntagsstimmung war es sicher auch einer der harmonischsten...

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